München (epd). Der Theaterregisseur und künstlerische Leiter der Berliner Schaubühne, Thomas Ostermeier, sieht durch die Corona-Krise kulturelle Einrichtungen langfristig gefährdet. "So wie man jetzt offenbar in den Krankenhäusern in Italien entscheiden muss, welche Kranken die lebensnotwendige Behandlung erhalten, fragt man sich vielleicht nach der Krise, welche Firmen und Institutionen man braucht und auf welche man verzichten kann", sagte Ostermeier der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag). "Ich weiß nicht, ob die Politik dann alle Kultureinrichtungen retten will."
Ostermeier sagte weiter, die Sparhaushalte nach den Rettungspaketen würden Folgen für die Kultur haben, aber "auch für den ganzen Sozialbereich, die Kitas, alle möglichen Initiativen und Hilfsangebote". Das könne "eine Verarmung der gesamten Stadtkultur bedeuten". Die Krise löse jetzt viel Empathie und Solidarität aus, betonte der Regisseur. Er fürchte aber, "je länger sie dauert, desto deutlicher wird sie zur sozialen Polarisierung beitragen".
Die Solidarität nach innen gehe schon jetzt mit einer großen Brutalität und Mitleidlosigkeit nach außen einher: "Die massiven Menschenrechtsverletzungen an der griechischen Grenze scheinen kaum jemanden zu stören. Das Virus wirkt wie ein Brandbeschleuniger, der die soziale Härte des Kapitalismus noch einmal verschärft."