Annette Kurschus ist Praeses der Evangelischen Kirche von Westfalen,
© epd-bild/Gerd-Matthias Hoeffchen
EKD-Vize Annette Kurschus würdigt das Engagement vieler Kirchengemeinden, die angesichts der Corona-Pandemie auf kreativen Wegen die Osterbotschaft verbreiteten.
"Die Zukunft wird nicht dem Corona-Virus gehören, sondern sie steht in Gottes Hand"
Die biblische Botschaft des Osterfestes vermittelt nach den Worten der EKD-Vize Annette Kurschus auch in Zeiten der Corona-Pandemie Hoffnung. Die Osterbotschaft tröste gerade in Krisenzeiten, weil sie sich inmitten aller Furcht und allen Grauens ausbreite, sagte die 57-jährige leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Zukunft werde jedoch nicht dem Corona-Virus gehören, sondern sie stehe in Gottes Hand, betonte Kurschus. Sie würdigte zugleich das Engagement vieler Kirchengemeinden, die angesichts der Pandemie auf kreativen Wegen die Osterbotschaft verbreiteten.

Viele Menschen machen sich angesichts der Corona-Epidemie große Sorgen. Was kann die biblische Ostergeschichte in Zeiten von Corona an Hoffnung vermitteln?

Annette Kurschus: Gott sei Dank gibt es ja nicht die eine biblische Ostergeschichte, sondern mehrere - und die sind ganz unterschiedlich. Da sind die drei Frauen, die sich frühmorgens zum Grab aufmachen und statt des Leichnams Jesu einen Engel dort finden, der sie zurück ins Leben schickt. Da ist Maria Magdalena, die in Trauer versunken am Grab steht und nicht merkt, dass Jesus hinter ihr steht. Und als sie sich umdreht, hält sie ihn für den Gärtner. Da ist der Jünger Thomas, der nicht glauben kann, was er sieht. Er will die Wunden des Auferstandenen berühren, um Beweise zu haben.

Und da sind zwei andere Jünger Jesu, die sich nach der Kreuzigung zutiefst entmutigt und enttäuscht auf den Heimweg machen. Während sie einander unterwegs ihr Herz ausschütten, geht Jesus neben ihnen her. Sie halten ihn für einen Fremden und erkennen ihn erst, als er abends mit ihnen am Tisch sitzt und Brot und Wein mit ihnen teilt.

Was sehen Sie darin als zentrale Botschaft?

Kurschus: Eins ist all diesen Ostergeschichten gemeinsam: Glaube und Freude brechen sich sehr leise und behutsam Bahn. Der Jubel, der in unseren Osterchorälen steckt, ist keineswegs die erste und spontane Reaktion auf die Auferstehung Jesu. Im Gegenteil: Am Anfang stehen Furcht und Zweifel. Das macht diese Geschichten so stark. Auch und gerade in der gegenwärtigen Situation. Weil die Osterbotschaft nicht alle Furcht, alles Sterben und alles Grauen wegzaubert, sondern - im Gegenteil - sich mitten darin und durch all dies hindurch ausbreitet, kann sie wirklich trösten. Gottes Ziel mit uns ist das Leben. Und die Zukunft wird nicht dem Corona-Virus gehören, sondern sie steht in Gottes Hand.

Was ist Ihnen persönlich an Ostern besonders wichtig?

Kurschus: Das Leben, das wir zu Ostern feiern, ist stärker als mein manchmal kleiner Glaube. Die Botschaft, die wir zu Ostern verkündigen, ist wahrer als alles, was ich täglich erfahre. Die Choräle, die wir zu Ostern singen, sind meiner bisweilen schwachen Hoffnung weit voraus. Ostern lässt eine Wirklichkeit in dieser Welt aufscheinen, für die sich jeder noch so kleine Einsatz lohnt. Ostern erlaubt mir nicht, mich abzufinden mit dem, was ist. Weil Gott anderes mit uns vorhat. Das gibt meinem Leben jeden Tag aufs Neue Sinn und Ziel.

Zu Ostern bleiben die Kirchen wegen der Corona-Pandemie geschlossen, Gottesdienste werden online oder in anderer Weise gefeiert. Was bedeutet das für die westfälische Landeskirche?

Kurschus: Wir werden die österliche Botschaft vom Leben, das stärker ist als der Tod, auf vielerlei Weise unter die Leute bringen. Gerade jetzt - und jetzt erst recht. Durch ökumenisches Glockengeläut in allen Kirchen, durch Gottesdienste in Rundfunk, Fernsehen und Internet, durch österliche Botschaften per Mail, per Post und in den Printmedien, durch Musik. Dankbar und voller Respekt nehme ich wahr, wie unsere Pfarrerinnen und Pfarrer zusammen mit unzähligen engagierten Menschen in unseren westfälischen Kirchengemeinden, Ämtern und Einrichtungen einfallsreiche Mittel und Wege finden, unter den gegebenen Bedingungen das Evangelium zu verkündigen und den Menschen mit Trost und Beistand nah zu bleiben

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Welche Hoffnung verbinden Sie in diesem Jahr mit dem Engagement der Kirchen zu Ostern?

Kurschus: So sehr es schmerzt, das Osterfest in diesem Jahr nicht wie üblich mit festlichen Gottesdiensten begehen zu können, so deutlich werden wir spüren: Die Botschaft des Lebens wird sich überraschend neue und ungewohnte Wege suchen. Ich bin gewiss: Das wird in aller Ungewissheit dieser Zeit eine stärkende und hoffnungsvolle Erfahrung sein.