Berlin (epd). Durch organisierten Betrug in der ambulanten Pflege entstehen einem Bericht zufolge jährlich Schäden bis zu 600 Millionen Euro. Bei Staatsanwaltschaften bundesweit liefen mehrere hundert Ermittlungsverfahren gegen Pflegedienste, hinter denen oft russische oder südosteuropäische Geschäftsführer stünden, berichtete die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf gemeinsame Recherchen mit dem Bayerischen Rundfunk. Die Pflegedienste würden verdächtigt, die Kranken- und Pflegekassen zu betrügen, indem sie diesen Pflegeleistungen in Rechnung stellen, die sie dann nicht erbringen.
Dafür kooperierten die Betreiber der Dienste mit vermeintlich Pflegebedürftigen, die sich bei Kontrollbesuchen kränker stellten als sie seien, sowie mit Ärzten, die gegen Geldzahlungen falsche Atteste ausstellen, hieß es weiter. Allein die Staatsanwaltschaft Berlin führe zurzeit 102 solcher Verfahren gegen Pflegedienste, bei den bayerischen Schwerpunktstaatsanwaltschaften seien es zusammen rund 80. Auch Krankenkassen verzeichneten den Angaben zufolge zuletzt einen deutlichen Anstieg der Ermittlungsverfahren in diesem Kriminalitätsbereich. Bei der AOK Bayern etwa habe sich die Zahl der Verdachtsfälle seit 2014 verdoppelt - auf 361 Fälle im vergangenen Jahr.
Die Coronakrise beflügele den Betrug nach Einschätzung von Staatsanwälten und Korruptionsbekämpfern von Krankenkassen zusätzlich, berichtete die Zeitung weiter. Denn der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen habe die regelmäßigen Kontrollbesuche bei Pflegebedürftigen aufgrund der aktuellen Belastung bis September ausgesetzt. Nach Angaben des Bundesrechnungshofs seien die Kontrollen allerdings schon vor der Krise zu weiten Teilen unwirksam gewesen, weil sie nach geltender Gesetzlage zumeist ankündigt würden.
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