Frankfurt a.M. (epd). Wegen der Corona-Pandemie drohen den Deutschen weitere Bewegungseinschränkungen. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gab am Freitag in München grundlegende Ausgangsbeschränkungen für die Bevölkerung im Freistaat bekannt. Lokale, Friseure und Baumärkte müssen schließen. Das Haus verlassen sollen die Menschen nur noch für notwendige Gänge etwa zum Einkaufen. Auch das Saarland schränkt ab Samstag für zunächst zwei Wochen den Alltag der Menschen weiter ein. In Niedersachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz bleiben Restaurants und Cafés geschlossen, um die Ausbreitung der Epidemie einzudämmen.
Bayern handelte vor einer Beratung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Regierungschefs der Länder. Eigentlich sollte erst dort über drastischere Maßnahmen entschieden werden. Söder vermied am Freitag das Wort Ausgangssperre: "Wir sperren nicht zu, aber wir fahren das öffentliche Leben fast vollständig herunter." Die Beschränkungen in Bayern ähneln aber denen von Ländern, in denen bislang landläufig von "Ausgangssperre" die Rede war. Man orientiere sich jetzt eins zu eins an den Maßnahmen in Österreich, stellte der Ministerpräsident fest.
Auch das Saarland verschärft die Auflagen. Wer das eigene Hause oder den Garten verlassen wolle, brauche grundsätzlich triftige Gründe, sagte Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) in Saarbrücken. Zu solchen Gründen zählen die Wege zur Arbeit, zum Einkaufen oder zum Arzt. Erlaubt ist auch, Familienmitglieder zu unterstützen, seine Kinder zu sehen, Sport alleine oder maximal zu fünft mit entsprechendem Sicherheitsabstand zu treiben oder individuell Kirchen, Moscheen oder Synagogen zu besuchen. "Wir sperren die Menschen nicht ein", betonte der CDU-Politiker.
In Berlin machte die Bundesregierung deutlich, dass sie ohne Zwang dieses Verhalten von der Bevölkerung am kommenden Wochenende erwartet. "Am Samstag verabreden sich die Menschen ja traditionell miteinander, weil sie freihaben", sagte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) dem "Spiegel". Das gehe abseits der Kernfamilie aber derzeit nicht und müsse jetzt unterbleiben. Regierungssprecher Steffen Seibert erläuterte, das heiße auch, nicht in einer Menschentraube im Park zu stehen oder dicht gedrängt im Café zu sitzen.
Die Bundesregierung machte deutlich, dass sie bei Nichtbeachtung an drastischere Maßnahmen denkt. Man werde am Sonntag "eine sehr ernste, schonungslose Analyse" vornehmen, sagte Seibert und ergänzte: "Wir können jederzeit mit anderen Instrumenten reagieren."
In den Bundesländern gelten bereits seit dieser Woche Einschränkungen im öffentlichen Leben. Schulen sind geschlossen, Bars und Kultureinrichtungen haben den Betrieb eingestellt, Veranstaltungen sind bis zu einer bestimmten Größe verboten. Mit den Verschärfungen in Bayern und im Saarland sind Gruppenbildungen nun explizit verboten. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, bei Zuwiderhandlungen drohten Bußgelder von bis zu 25.000 Euro.
Die hessische Landesregierung beschloss am Freitag, die Obergrenze für Versammlungen von maximal 100 auf fünf Personen zu reduzieren. Alle Restaurants und Gaststätten bleiben ab Samstag, 12 Uhr, komplett geschlossen, wie Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) in Wiesbaden bekanntgab. Der Regierungschef stellte klar, dass in Gaststätten auch weiter Essen abgeholt oder nach Hause bestellt werden dürfe.
Auch in Niedersachsen sollen auf Beschluss der Landesregierung alle Restaurants und Cafes ab Samstag, 18 Uhr, geschlossen bleiben. "Wir wollen verhindern, dass zu viele Menschen in einem Raum zusammen sind", sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Ein Außer-Haus-Verkauf soll weiter möglich sein. Die rheinland-pfälzische Landesregierung gab ebenfalls bekannt, dass künftig alle Versammlungen von mehr als fünf Personen grundsätzlich untersagt sind. Restaurants, Cafés und Eisdielen müssen von Freitagnachmittag an grundsätzlich geschlossen bleiben.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sprach sich unterdessen gegen Ausgangssperren aus. "Eine Ausgangssperre ist eine erhebliche Einschränkung der persönlichen Freiheit und kann immer nur das allerletzte Mittel sein. Wir wollen das möglichst vermeiden", sagte die Ministerin der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). Sie appellierte insbesondere an junge Menschen, freiwillig auf Zusammenkünfte, etwa Grillpartys, zu verzichten.
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