Kerze am Fenster
© Fabian Strauch/dpa
Viele Gemeinden wie die Endorfer am Chiemsee, in Lindau, Nürnberg-Langwasser oder Coburg rufen dazu auf, jeden Abend um 19 Uhr eine brennende Kerze ins Fenster zu stellen. Sie nehmen damit eine deutschlandweite Initiative "Licht der Hoffnung" auf.
Kerze im Fenster, Glocken und Online
Welche kreativen Ideen Gemeinden in ganz Bayern haben, um weiter die Menschen zu erreichen
Gottesdienste in den Kirchen sind abgesagt. Da boomen Internet-Gottesdienste mit Bischöfen, Pfarrerinnen und Organisten. "Wir sind da – nur anders" signalisieren Gemeinden und haben kreative Ideen.
21.03.2020
epd
Von Jutta Olschewski und den epd-Korrespondenten

Vogelgezwitscher vor dem ersten Licht: nicht abgesagt, Narzissen – nicht abgesagt, Lachen – nicht abgesagt. Im Schaukasten der Kirchengemeinde Ebermergen (Landkreis Donau-Ries) sollen Denkanstöße wie diese die Gemeindemitglieder aufheitern, die in Corona-Zeiten keine Gottesdienste besuchen können.

Vom nördlichen Franken bis zum Bodensee haben sich kreative Köpfe viel einfallen lassen, wie Kirche den Menschen zeigen kann, "wir sind da – nur anders" - so hat es das Dekanat Nürnberg überschrieben. Die Nürnberger Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern findet, jetzt zeige sich auch "der Reichtum an engagierten und kreativen Menschen in der Kirche, die nach Wegen suchen, den spirituellen Bedürfnissen unserer Gemeindeglieder auf andere Weise zu entsprechen".

Viele Gemeinden wie die Endorfer am Chiemsee, in Lindau, Nürnberg-Langwasser oder Coburg rufen dazu auf, jeden Abend um 19 Uhr eine brennende Kerze ins Fenster zu stellen. Sie nehmen damit eine deutschlandweite Initiative "Licht der Hoffnung" auf. Spezielle Seelsorge-Telefonnummern haben verschiedene evangelische Dekanate eingerichtet. So kann man dieser Tage Pfarrerinnen und Pfarrer in Fürth, Nürnberg oder Hof anrufen.

Die Möglichkeiten des Internets haben viele entdeckt: Mit der Kirchengemeinde Lahm im Itzgrund lassen sich Passionsandachten unter dem Titel: "Zuversicht - 7 Wochen ohne Pessimismus" online mitfeiern. Pfarrerin Cornelia Egg-Möwes lotst in ihrem Video die Zuschauer zu einem stimmungsvollen Abendsegen in die leere Mainburger Kirche (Landkreis Kelheim). Die Erlöserkirche München-Schwabing wiederum stellt jeden Tag um 19 Uhr mit den "Gedanken zum Abend" einen kurzen geistlichen Impuls auf Youtube.

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Auch aus St. Lorenz in Nürnberg kommen Video-Andachten. "Ich verbuche das unter Lorenzer Wunder", sagt die Lorenzer Pfarrerin Claudia Voigt-Grabenstein. Es mache einfach Spaß, und sie sei sehr dankbar, zwei Kameraleute an der Hand zu haben, die wegen Corona plötzlich Zeit hätten. Der evangelische Nürnberger Regionalbischof Stefan Ark Nitsche, will an diesem Sonntag in St. Lorenz von Altar zu Altar und zum Kerzenmeer der Gebetsecke gehen und über die biblischen Frauen Martha und Maria predigen. Auch dieser Gottesdienst wird live im Internet übertragen.

"Keine Angst vor der Stille, vielleicht flüstert Gott uns etwas zu", macht der Nürnberg Pfarrer Peter Aschoff in der Internet-Andacht Mut. Humorvoll der Pfarrer und Kabarettist Hannes Schott: "Furcht war vielleicht angebracht im Neandertal, wenn der Säbelzahntiger gekommen ist", aber "Gott sorgt für uns", tröstet er verunsicherte Zuschauer per Video.

Corona-Tagebuch

Ein "Corona-Tagebuch" als geistliche Begleitung in herausfordernden Zeiten führt Ruhestandspfarrer Wilfried Geyer täglich auf seiner Homepage. In Hallstadt bei Bamberg hat der tägliche Impuls im Internet das Motto "Lebenszeichen". Auch Lindauer Pfarrerinnen und Pfarrer gehen täglich mit einer kurzen Andacht online, Jugendgruppen übertragen per Instagram. Per Video liefern andere Gemeinden aber auch noch Beschäftigungs-Tipps für Kinder oder Gymnastik-Stunden, beispielsweise aus Ingolstadt. Pfarrer und Liedermacher Wolfgang Buck hat ein achtstrophiges Lied online gestellt, in dem sich Corona auf "Persona", "Bohna" und "belohna" reimt.

Lauter auf sich aufmerksam machen Kirchengemeinden vielerorts mit ihren Glocken oder den Posaunenchören: In Coburg läuten sie jeden Abend um 18 Uhr für ein persönliches Gebet. In Himmelkron bedeutet ein fünfminütiges 20-Uhr-Läuten den Beginn eines Gebetes für die Menschen in den "systemrelevanten" Berufen in der Pflege, bei der Polizei, Feuerwehren oder Rettungsdiensten.

Gottesdienst in der Tüte

Einen "Gottesdienst in der Tüte" hat Stephanie Kastner, Pfarrerin im niederbayerischen Tann, unter die Leute gebracht. In einer Tüte waren eine Kerze, eine "Hauswurz", ein selbst zusammengestelltes Andachtsheft, außerdem Hinweise auf die Fernsehgottesdienste und auf Hilfsmöglichkeiten bei Versorgungsengpässen, ihre eigene Telefonnummer und die der Telefonseelsorge.