Bielefeld (epd). Die Datenschutzorganisation "Digitalcourage" hält es für vertretbar, dass Daten von Handynutzern für die Abwehr der Corona-Pandemie genutzt werden. Gezielte und anlassbezogene Maßnahmen wie die Überprüfung der Mobilität der Bürger durch Massendaten könnten temporär sinnvoll sein, sagte der Sprecher von "Digitalcourage", der sich selbst als "Padeluun" bezeichnet, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag in Bielefeld.
Die Daten, die die Deutsche Telekom an das Robert-Koch-Institut zur Überprüfung der Mobilität der Menschen gegeben habe, seien ohnehin dieselben, die auch an die Wirtschaft verkauft werden. "Nur in diesem Fall sind sie kostenlos." Das Vorgehen sei zudem mit Datenschützern abgestimmt.
Padeluun warnte aber: "Die Krisenregelungen dürfen nicht zum Normalfall werden. Wir sollten keine anlasslose Massenüberwachung zulassen." Alle Abwehrmaßnahmen müssten in den kommenden Wochen mit Kooperation, Kommunikation, Aufklärung und einer informierten Einwilligung der Nutzer einhergehen, ohne Zwang. Auch sollten stets Löschmöglichkeiten, Betroffenenrechte und Datensicherheit gewährleistet sein.
Eindringlich riet der Datenschutzaktivist von einer Zusammenarbeit mit großen, börsennotierten Internetdienstleistern und Suchmaschinen ab. "Wir sollten der Versuchung widerstehen, jetzt an eine Kooperation mit Google auch nur zu denken", sagte er. Deutschland schaffe sich ein Abhängigkeitsproblem, wenn es bei Abwehr einer Pandemie auf Internetkonzerne angewiesen ist. Gebraucht würden unabhängige Informationsstrukturen, "die lösungs- und gemeinwohlorientiert und nicht von Profit- und Machtinteressen gesteuert sind", mahnte er.
Digitalcourage setzt sich nach eigenen Angaben für Grundrechte und Datenschutz ein. Der im Jahr 1987 gegründete Verein vergibt auch jährlich in Bielefeld den Datenschutz-Negativpreis "Big-Brother-Awards". Wegen der Corona-Krise wurde die Verleihung Ende April auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.