Berlin (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den Umgang mit der Corona-Epidemie als "Probe für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt" bezeichnet. Nach einem Treffen mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und dem Präsidenten des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, am Donnerstag in Berlin erklärte er: "Das Virus fordert auch jeden Einzelnen von uns." Gefährdet seien in allererster Linie alte Menschen und chronisch Kranke. "Sie müssen wir schützen. Ihnen müssen wir unsere Solidarität zeigen. Das ist die Aufgabe der Stunde." Bundesfamilien- und -seniorenministerin Franziska Giffey (SPD) schloss sich dem Appell an.
Steinmeier sagte, "nach allem, was wir heute wissen, stehen wir noch am Anfang einer sehr ernstzunehmenden Entwicklung". Die Zahl der Infizierten werde in den nächsten Wochen steigen. Die Dauer dieser Krise sei noch nicht absehbar. "Für den Staat, die Wirtschaft und die Menschen in unserem Land, aber auch für unsere europäischen Nachbarn und weltweit ist das eine ungewöhnliche Herausforderung."
Steinmeier rief die Menschen in Deutschland auf, ihren Alltag zu ändern, "nicht allmählich, sondern jetzt". Er betonte: "Wir müssen verzichten auf Fußballspiele, große Konzerte oder Partys, auf alles, was nicht dringend erforderlich ist, um die Schwachen zu schützen." Jenen, die die Öffentlichkeit meiden müssten, solle konkret geholfen werden, zum Beispiel mit Einkäufen oder Behördengängen.
"Denn wir müssen Zeit gewinnen. Zeit, damit die Krankenhäuser nicht überlastet werden; Zeit, damit wir Gegenmittel entwickeln", unterstrich Steinmeier. Die Ausbreitung werde nicht aufgehalten, aber verlangsamt werden können. "Unsere Selbstbeschränkung heute wird morgen Leben retten." Diese Epidemie sei eine Herausforderung für Deutschland: "Eine Herausforderung, die wir dank unseres gut funktionierenden Gesundheitssystems meistern können und die wir meistern werden."
Ministerin Giffey sagte, ältere Menschen und ihre Familien sollten ihre Gewohnheiten überdenken, beispielsweise Busse und Bahnen meiden und keine größeren Freizeitveranstaltungen besuchen. Besonders schutzbedürftig seien Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen. Die Pflegekräfte seien gefordert, sie zu schützen und sich zugleich selbst nicht zu gefährden. "Der Spagat wird nicht einfach zu bewältigen sein", sagte Giffey.
Die Bundesvorsitzende der Lebenshilfe, Ulla Schmidt, machte auf die besondere Lage behinderter Menschen aufmerksam. Sie hätten wegen Vorerkrankungen häufig ein erhöhtes Risiko schwer zu erkranken, erklärte die frühere Bundesgesundheitsministerin und SPD-Bundestagsabgeordnete. Falls Einrichtungen, Schulen oder Werkstätten geschlossen würden, müsse die Versorgung und Betreuung der Menschen weiter sichergestellt werden.
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