Dubai, Kabul (epd). Politisches Chaos in Afghanistan: Präsident Aschraf Ghani und sein Rivale Abdullah Abdullah haben am Montag in Kabul gleichzeitig Amtseinführungsfeiern für die Präsidentschaft abgehalten, wie der TV-Sender "Tolo News" berichtete. Während Ghani seinen Eid für eine zweite Amtszeit im Präsidentenpalast ablegte, ließ sich Abdullah vor Anhängern im Sapedar-Palast im Botschaftsviertel von Kabul vereidigen. Beide Politiker erheben Anspruch auf das höchste Staats- und Regierungsamt. Zuvor waren internationale Vermittlungsversuche gescheitert.
Während der Feier für Ghani detonierte eine Rakete nahe dem Präsidentenpalast, wo Diplomaten und andere Gäste zugegen waren. Während Botschafter, Politiker und die Vereinten Nationen Ghani gratulierten, sprach Abdullah von Wahlbetrug, erklärte aber, seine Seite sei zu Verhandlungen bereit. Am Sonntag hatte US-Sonderbotschafter Zalmay Khalilzad erfolglos versucht, mit Ghani und Abdullah einen Kompromiss auszuhandeln.
Nur gut eine Woche nach dem historischen Friedensabkommen zwischen den aufständischen Taliban und den USA stürzt der Machtkampf in Kabul Afghanistan in eine schwere politische Krise. In dieser Woche sollten eigentlich die innerafghanischen Gespräche zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung starten, um den Konflikt am Hindukusch beizulegen.
Mitte Februar war Präsident Ghani von der Wahlkommission des Landes zum Sieger der Präsidentschaftswahl vom September 2019 erklärt worden. Nach monatelangem, erbittertem Streit um die Richtigkeit von Hunderttausenden Stimmen waren nur noch 1,8 Millionen Wahlzettel bei der Auszählung berücksichtigt worden. Ghanis Rivale Abdulllah Abdullah erkannte das Ergebnis nicht an.
Nach der Präsidentschaftswahl 2014 hatten Ghani und Abdullah bereits monatelang um den Wahlausgang gestritten und am Ende auf internationalen Druck hin eine Regierung der nationalen Einheit gebildet. Ghani hatte das Präsidentenamt übernommen, Abdullah erhielt die neu geschaffene Position des Regierungsgouverneurs.
Ende Februar hatten die USA und die aufständischen Taliban ein historisches Friedensvertrag geschlossen. Das Abkommen sieht unter anderem einen vollständigen Abzug der US-Truppen vom Hindukusch innerhalb von 14 Monaten vor. Afghanistans Regierung war nicht an den Friedensgesprächen beteiligt, die nur zwischen den Taliban und den USA geführt wurde. Am Montag begannen die USA bereits mit dem Abzug ihrer Soldaten.