Berlin (epd). Internationale Jesidenverbände befürchten die Hinrichtung eines jungen Angehörigen der religiösen Minderheit im Nordirak, der nach ihren Worten unschuldig zum Tode verurteilt wurde. Medienberichten und Menschenrechtsgruppen zufolge sollte er an diesem Dienstag gehängt werden. Der in Deutschland aktive Menschenrechtsverein "Hawar.help" sprach auf epd-Anfrage von einem "schweren Fall einer Menschenrechtsverletzung".
Dem Jesiden wird die Tötung eines sunnitisch-muslimischen Mannes im August 2017 zur Last gelegt. Den Angaben nach haben mehrere Zeugen und selbst die irakische Polizei bestätigt, dass er sich zum Tatzeitpunkt Hunderte von Kilometern vom Tatort an der syrisch-irakischen Grenze entfernt in einem Flüchtlingscamp bei seiner Familie befunden habe. "Daher ist es unmöglich, dass er für das Verbrechen verantwortlich ist", erklärte die Vorsitzende des Vereins, Düzen Tekkal.
Auch kurdische Medien haben über den Fall berichtet. Eine Petition von Unterstützern der Familie auf der Plattform Change.org hat inzwischen mehr als 20.000 Unterschriften. Diese richtet sich an Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). Der Jeside war demnach zum Tatzeitpunkt erst 16 Jahre alt.
Laut "Hawar.help" ist im Irak ein Kassationshof damit befasst, das Urteil zu prüfen. Das Ergebnis werde im Laufe dieser Woche erwartet. Nach Informationen des Zentralrats der Jesiden in Deutschland wird die Vollstreckung des Urteils solange aufgeschoben.
Jesiden werden im Irak immer wieder verfolgt und diskriminiert. Die brutale Gewalt der sunnitischen Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) gegen die Minderheit löste 2014 weltweit Entsetzen aus. Männer wurden getötet, Frauen und Kinder verschleppt, Hunderttausende flohen in die kurdischen Autonomiegebiete - wo viele bis heute in Flüchtlingslagern leben. In Deutschland lebt mit geschätzt mehr als 200.000 Jesiden die größte Gemeinde außerhalb des Iraks.