Berlin (epd). Angesichts der Lage an der griechisch-türkischen Grenze und der Situation in griechischen Flüchtlingslagern geht in Deutschland die Diskussion um eine Aufnahme zumindest besonders schutzbedürftiger Kinder weiter. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), forderte schnelle Hilfe. "Ein neues Schutzprogramm für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge oder chronisch kranke Kinder ist auch aus meiner Sicht nötig", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitag). Um die Lage an der EU-Außengrenze zu beruhigen und um die Einhaltung der Menschenrechte sicherzustellen, müsse unverzüglich gehandelt werden.
Kritisch ist aktuell vor allem die Lage auf den griechischen Inseln in der Ostägäis, wo mehr als 40.000 Flüchtlinge unter schwierigen Bedingungen in Lagern leben. Die Grünen beantragten vor diesem Hintergrund, 5.000 besonders schutzbedürftige Menschen nach Deutschland zu holen. Der Antrag wurde am Mittwoch im Bundestag mit 495 Gegenstimmen abgelehnt. 117 Abgeordnete stimmten dafür.
Als Menschenrechtsbeauftragte finde sie es "beschämend, dass die EU-Staaten es bisher versäumt haben, ein funktionierendes gemeinsames europäisches Asylsystem zu entwickeln", sagte Kofler weiter. Darin liege das eigentliche Problem.
Auch der Kinderschutzbund forderte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) dazu auf, eine Lösung für die gefährdeten Kinder zu finden. Die Organisation verwies auf das Angebot von Kommunen und Städten, bis zu 500 unbegleitete Minderjährige aufzunehmen. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) und die Oberbürgermeister von sieben Städten erneuerten dieses Angebot am Freitag eindringlich. Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers sagte, die Zustände im Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos seien "eine Schande für die Europäische Union".
Die Bundesregierung blieb am Freitag allerdings bei ihrer Ablehnung einer Aufnahmeinitiative in Deutschland. Seehofer will sich um eine europäische Lösung bemühen. Sprecher von Innen- und Außenministerium bekräftigten zudem erneut, dass es zunächst "geordnete Verhältnisse" an der griechischen Grenze geben müsse.
Die Behörden versuchen dort, Migranten am Grenzübertritt zu hindern, auch mit dem Einsatz von Tränengas. Die Bundesregierung stellt sich hinter das Vorgehen Griechenlands. Er gehe davon aus, "dass das alles verhältnismäßig und auch sehr angemessen geschieht", sagte Außenminister Heiko Maas (SPD) am Freitag im Deutschlandfunk.
Nach Angaben eines Innenministeriumssprechers hat die griechische Regierung über die EU-Grenzschutzagentur Frontex mehr Personal zum Schutz der Grenze angefordert. Die Regierung in Athen hatte angekündigt, einen Monat lang keine Asylbegehren an der Grenze anzunehmen.
Inwieweit das mit den Grundsätzen des Asylrechts der EU vereinbar ist, wollte die Bundesregierung derweil nicht bewerten. "Hüterin der Verträge" sei die EU-Kommission, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Der Innenministeriumssprecher betonte, dass auch Deutschland die Griechen beim Grenzschutz unterstützen wolle. Zudem sei beim EU-Innenministertreffen verabredet worden, die Zusammenarbeit zwischen EU und Türkei in diesem Punkt "stabilisieren" zu wollen. Vom Aufbau eines geregelten Asylverfahrens an der EU-Grenze war derweil nicht die Rede.
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