Berlin (epd). Trotz jahrzehntelanger internationaler Hilfe und Investitionen haben die Afghanen laut "Ärzte ohne Grenzen" keine ausreichende medizinische Versorgung. Hauptgründe seien die Unsicherheit im Land, große Entfernungen zu funktionierenden Krankenhäusern und hohe Behandlungskosten sowie das Fehlen von Personal und Ausrüstung, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht der Nothilfeorganisation.
"Unsere Patienten berichten von langen, gefährlichen Wegen, um mangelernährte Babys, Schwangere oder verletzte Angehörige ins Krankenhaus zu bringen", sagte Julien Raickman, der Afghanistan-Koordinator von "Ärzte ohne Grenzen". Viele Patienten müssten vor der Fahrt abwägen, ob die Straßen vermint sind, ob es unterwegs Checkpoints gibt und ob es sicher ist, in der Dunkelheit oder bei anhaltenden Kämpfen zu reisen.
"Ärzte ohne Grenzen" betreibt und unterstützt Gesundheitseinrichtungen in Afghanistan, etwa das Boost-Krankenhaus in der Provinz Helmand. Dort kämen viele Kranke zu spät an, um ihnen noch helfen zu können. "Wir haben Angst, nachts rauszugehen. Also müssen wir immer bis zum Tagesanbruch warten, um ins Krankenhaus zu fahren", sagt der Betreuer einer Patientin auf der Entbindungsstation des Boost-Krankenhauses. "Bei jedem kranken Familienmitglied warten wir, auch auf die Gefahr hin, dass es stirbt."
Auch die Armut hindert laut dem Bericht viele Afghanen daran, medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen. Bis zu 89 Prozent der im Regionalkrankenhaus Herat befragten Patienten und Betreuenden gaben demnach an, dass sie Behandlungen aus Finanznot aufschieben mussten. Die Eltern eines mangelernährten Babys erklärten, dass sie acht Tage brauchten, um Geld für die Fahrt zusammenzubekommen. Ein anderer sagte schlichtweg: "Wir können keine Lebensmittel kaufen. Wie sollen wir Medikamente und Ärzte bezahlen?"