Kirchliche Zeitgeschichte
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Katholische und evangelische Kirchenhistoriker treffen zu einer bikonfessionellen Tagung, um das Feld der Kirchlichen Zeitgeschichte neu zu vermessen.
Kirchliche Zeitgeschichtler wollen ihr Forschungsfeld neu vermessen
Drei Fragen an: die Münchner Geschichtsprofessorin Claudia Lepp über die erste bikonfessionelle Tagung ihrer Zunft in Würzburg
Ende Februar wollen katholische und evangelische Kirchenhistoriker in Würzburg das Feld der Kirchlichen Zeitgeschichte neu vermessen. Am 27. und 28. Februar wollen sich die Wissenschaftler im Burkardushaus am Dom über ihre Disziplin sowie deren Weiterentwicklung Gedanken machen.
23.02.2020
epd
Daniel Staffen-Quandt

Erstmals findet das in "bikonfessioneller Kooperation" zwischen der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte und der katholischen Kommission für Zeitgeschichte statt, sagte die Tagungsorganisatorin und Münchner Geschichtsprofessorin Claudia Lepp. Diese Entwicklung sei vor allem durch den Generationenwechsel bei den Forschenden vorangetrieben worden, erläuterte sie.

Frau Lepp, für den Laien kurz erklärt: Was versteht man unter "Kirchlicher Zeitgeschichte"?

Claudia Lepp: Die Kirchliche Zeitgeschichte umfasst die Geschichte von Kirchen und Christentum im 20. Jahrhundert und somit die Vorgeschichte der Gegenwart. Folglich haben die Ergebnisse der kirchlichen Zeitgeschichtsschreibung eine Relevanz auch für den Umgang mit heutigen Themen und Problemen. Forschungsschwerpunkte waren bislang die Zeit des Nationalsozialismus, der DDR sowie der alten Bundesrepublik. Themen der Kirchlichen Zeitgeschichte werden an Universitäten und in außeruniversitären Forschungseinrichtungen untersucht. Zu Letzteren zählen die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte und die katholische Kommission für Zeitgeschichte.

Erstmals veranstalten Katholiken und Evangelische nun eine gemeinsame Tagung. Warum eigentlich jetzt erst?

Lepp: Es gibt schon seit langem lockere Arbeitsbeziehungen zwischen den beiden Kommissionen. Eine neue Generation der Forschenden sucht nun aber noch intensiver den Kontakt und empfindet gemeinsames Arbeiten als selbstverständlicher. Tagungen bieten sich hier als Orte des Austausches besonders an und die Frage nach Stand und Zukunft der Kirchlichen Zeitgeschichtsforschung interessiert schließlich beide Einrichtungen gleichermaßen.

Ziel der Tagung ist eine "Neuvermessung" Ihrer Disziplin. Wieso ist das aus Ihrer Sicht nötig?

Lepp: Das letzte konzentrierte Nachdenken über Themen und Methoden des Faches liegt bald 25 Jahre zurück. Seither ist die Forschung deutlich vorangeschritten. Inhalte und Zugriffe haben sich infolge des Austauschs von Theologen, Historikern, Soziologen und Politologen pluralisiert. Von der Kulturgeschichte und der transnationalen Geschichte kamen neue Impulse. Als Untersuchungszeitraum stehen nun die 1960er bis 1980er Jahre im Fokus, mit ihren starken Wandlungsprozessen in Christentum und Gesellschaft, deren Auswirkungen wir heute spüren. Und auch der bisherige Umgang der Kirchen mit ihrer Vergangenheit wird vermehrt Gegenstand historischer Forschung.