Zwischen Nieselwetter und Harfenklängen
217 Konzerte beim Schleswig-Holstein Musik Festival 2020
Dem Schleswig-Holstein Musik Festival machen offenbar nicht nur Finanznot und Star-Allüren zu schaffen. Es gibt Künstler, die schlicht das kalte Regenwetter scheuen - wie der Harfenist Xavier de Maistre.
20.02.2020
epd
Von Nadine Heggen (epd).

Kiel (epd). Der eine Däne, der andere Franzose: Mit dem Komponisten Carl Nielsen und dem Harfenisten Xavier de Maistre stehen zwei Männer im Mittelpunkt des diesjährigen Schleswig-Holstein Musik Festivals (SHMF), die unterschiedlicher kaum sein könnten. Vom 4. Juli bis zum 30. August stehen insgesamt 217 Konzerte an 72 Orten in Schleswig-Holstein und den Nachbarregionen auf dem Programm, wie SHMF-Intendant Christian Kuhnt am Donnerstag ankündigte.

Der Franzose hatte Intendant Kuhnt herausgefordert: Dreimal hatte er den international bekannten Harfenisten Xavier de Maistre (46) bereits gebeten, Porträtkünstler beim Festival zu werden. Dass Maistre erst für dieses Jahr zusagte und neben dem dänischen Komponisten Carl Nielsen (1865-1931) den Schwerpunkt des Festivals zu bilden, ist nur einer Tatsache geschuldet: Die deutschen Sommer sind nicht so warm wie an der Côte d'Azur.

Bei Nieselregen, acht Grad und Dunst über der Kieler Förde erklärte Maistre bei der Programmvorstellung im Kieler Landtag, dass er sich normalerweise jeden Sommer gern fünf Wochen lang am Mittelmeer eine Auszeit nimmt. "Nun habe ich als Ausgleich für November einen Urlaub in der Südsee gebucht."

Maistre ist inzwischen weltweit als Harfenist bekannt, war Mitglied des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks und bei den Wiener Philharmonikern. Seit 2001 hat er eine Professur an der Musikhochschule Hamburg und zahlreiche Preise gewonnen. Er verhalf der bislang eher weiblich und orchestral geprägten Harfe zu einer Solokarriere. 18 Konzerte gibt er beim SHMF, darunter eines mit der 81-jährigen spanischen Flamenco-Tänzerin Lucero Tena.

Allein 60 Konzerte drehen sich um Carl Nielsen. Seine heitere Oper "Maskarade" von 1906 wurde später zur "heimlichen Nationaloper" Dänemarks. Sein Gesamtwerk umfasst unter anderem zwei Opern, vier Schauspielmusiken und sechs Sinfonien. "Mit dieser Komponistenretrospektive leisten wir einen Beitrag zum deutsch-dänischen Freundschaftsjahr", erklärte Kuhnt. Nielsen verdiene es, entdeckt zu werden. "Seine Sinfonien sind absolute Meisterwerke."

Mehrere Konzerte sind auch Ludwig van Beethoven gewidmet, der vor 250 Jahren geboren wurde. "Wir dachten zunächst, dass wir ihn nicht würdigen, weil sein Werk landauf, landab in diesem Jahr so viel gespielt wird", sagte Kuhnt. Viele Künstler wollten aber auch Beethoven aufführen. So spielt der junge kanadische Pianist Jan Lisiecki sämtliche fünf Klavierkonzerte Beethovens, Cellist Steven Isserlis widmet sich allen Beethoven-Sonaten, und die Schauspielerin Corinna Harfouch präsentiert eine Collage aus Sonaten und Tagebuchaufzeichnungen. Im Abschlusskonzert ist das NDR Elbphilharmonie Orchester in Kiel mit Beethovens einziger Oper "Fidelio" zu hören.

Große Namen werden auch in diesem Jahr nicht fehlen: So haben sich Dirigenten wie Alan Gilbert, Thomas Hengelbrock und Iván Fischer angekündigt. Als Solisten stehen Anne-Sophie Mutter, Daniel Barenboim, Sabine Meyer sowie das Duo Justus Frantz und Christoph Eschenbach auf dem Programm. Zugesagt haben auch die Schauspieler Klaus Maria Brandauer und Martina Gedeck. Abseits der Klassik darf sich das Publikum auf Tom Jones, Meret Becker, Ute Lemper und Jan Plewka freuen.

Neben den 217 Konzerten werden auch fünf "Musikfeste auf dem Lande" und drei Kindermusikfeste angeboten. Insgesamt stehen rund 197.000 Eintrittskarten für die 126 Spielstätten zur Verfügung. Der Online-Vorverkauf hat am Donnerstag begonnen. Neue Spielorte sind in diesem Jahr neben dem Tierpark Hagenbeck das Feuerwehrmuseum Norderstedt, die Bootshalle des Kieler Yacht-Clubs, das Museum der Arbeit in Hamburg und das Airbus Werk in Stade. Der Haushalt beläuft sich auf 12,3 Millionen Euro, das Land gibt 1,2 Millionen Euro dazu.