Berlin, Dortmund (epd). Für Pflegebedürftige wird nach neuen Erhebungen die Versorgung im Heim immer teurer. Ihre Eigenanteile stiegen im bundesdeutschen Schnitt auf 1.940 Euro pro Monat, wie der Verband der Ersatzkassen am Mittwoch in Berlin mitteilte. Damit waren zum Jahresbeginn 110 Euro mehr zu bezahlen als noch im Januar 2019. Auffällig ist die große regionale Bandbreite der selbst zu zahlenden Betreuungskosten. Sie liegen in Sachsen-Anhalt mit 1.359 Euro am niedrigsten, den Spitzenwert zahlen Pflegebedürftige mit 2.357 Euro in Nordrhein-Westfalen. Die Grünen und die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderten Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf, schnell gegenzusteuern.
Die vom Verband aufgelisteten Beträge setzen sich aus drei Bestandteilen zusammen: den Kosten für die reine Pflege und Betreuung, den Investitionskosten des Heimbetreibers, der auf die Bewohner umgelegt wird, und den Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung. Nicht enthalten ist jedoch die Ausbildungsumlage, die einzelnen Bundesländern ebenfalls in Teilen von den Pflegebedürftigen mitgetragen werden muss und so die Kosten noch leicht erhöht.
Verbandschefin Ulrike Elsner sagte zu den neuen Daten: "Die steigenden Eigenanteile in der stationären Pflege machen Handlungsbedarf für eine Finanzreform in der Pflege deutlich." Es sei gut, dass die Gesundheitspolitik das Thema auf die Agenda genommen habe: "Eine gute und bezahlbare Pflege geht uns alle an."
Führende Sozialverbände fordern vor dem Hintergrund der steigenden Kosten für pflegebedürftige Heimbewohner schon lange eine grundlegende Reform der Pflegefinanzierung. Sie werben dafür, für die Betroffenen je nach Pflegegrad einen fixen Eigenanteil festzulegen und alle anderen Kosten, die etwa durch steigende Löhne verursacht werden, von der Pflegekasse tragen zu lassen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will bis Mitte des Jahres einen Vorschlag zur künftigen Finanzierung machen. Offen ist aber, wie seine Pläne aussehen. Es gebe auch noch gute andere Ansätze, als den Eigenanteil für die Pflege festzuschreiben, sagte Spahn jüngst dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Montag). Gerade langfristig pflegebedürftige Menschen müssten entlastet werden.
Kordula Schulz-Asche, Sprecherin der Grünen für Alten- und Pflegepolitik, sagte, die Zahlen des Krankenkassen-Verbands zeigten, "wie groß der Reformbedarf in der Pflegeversicherung mittlerweile ist". Minister Spahn müsse nun zügig Vorschläge machen, wie er den weiteren Anstieg der Eigenanteile verhindern will.
"Wir haben mit der doppelten Pflegegarantie bereits im vergangenen Jahr ein konkretes Konzept vorgestellt, wie wir die Eigenanteile sofort senken und dauerhaft deckeln können", so Schulz-Asche weiter. Zudem basiere das Konzept darauf, dass "die Pflegeversicherung in Zukunft alle darüber hinausgehenden pflegerischen Kosten für eine bedarfsgerechte Versorgung übernimmt".
Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung Patientenschutz in Dortmund, warf Minister Spahn vor, das Problem weiter vor sich herzuschieben. "Für eine zukunftssichere und bezahlbare Pflege muss die Finanzierung jetzt grundlegend reformiert werden." Ähnlich wie die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten für Behandlungen trage, müsse die Pflegeversicherung sämtliche Pflegekosten übernehmen. Brysch: "Den zusätzlichen Aufwand für Unterbringung, Verpflegung und Investitionen zahlt weiter jeder selbst. Das sind im Schnitt immerhin über 1.200 Euro monatlich."