Berlin (epd). Vom kommenden Jahr an soll es Zuschläge auf besonders niedrige Renten geben. Das Bundeskabinett billigte nach monatelangen Verhandlungen zwischen Union und SPD am Mittwoch in Berlin den Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für eine Grundrente. Heil sagte anschließend, 1,3 Millionen Rentner würden bessergestellt, 70 Prozent von ihnen Frauen. Arbeit müsse sich lohnen - auch in der Rente, erklärte Heil.
Sozialverbände begrüßten den Beschluss, Kritik kam von den Arbeitgebern. Der Gesetzentwurf geht nun zur Beratung in den Bundestag.
Die Grundrente soll die Altersbezüge von Menschen erhöhen, die viele Jahre gearbeitet, aber wenig verdient haben und deshalb niedrige Renten bekommen. Sie sollen nach dem Willen der Koalition mehr zur Verfügung haben als die Grundsicherung. Voraussetzung sind mindestens 33 Beitragsjahre in der Rentenversicherung, also Arbeitsjahre, Kindererziehungs- und Pflegezeiten. Den vollen Grundrenten-Zuschlag gibt es mit 35 Beitragsjahren. Das Arbeitsministerium hat errechnet, dass der durchschnittliche Zuschlag bei rund 75 Euro im Monat liegen dürfte. Im Höchstfall kann die Grundrente knapp 405 Euro betragen.
Einen Anspruch haben Alleinstehende mit Einkünften von bis zu 1.250 Euro und Eheleute oder eingetragene Lebenspartner mit Einkommen bis zu 1.950 Euro im Monat. Bei höheren Einkünften wird der Grundrenten-Zuschlag abgeschmolzen, bei Einkünften von mehr als 1.600 bzw. 2.300 Euro gibt es keinen Zuschlag mehr.
Die Grundrente werde vielen Renterinnen und Rentnern den Gang zum Sozialamt ersparen, erklärte die Diakonie Deutschland. Dass künftig automatisch der Anspruch geprüft werde, sei ein Akt des Respekts gegenüber den Älteren und ein Schritt gegen Altersarmut, erklärte Diakonie-Vorstand Maria Loheide. Demgegenüber hatte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände bereits vor dem Kabinettsbeschluss erklärt, die Grundrente leiste keinen zielgenauen Beitrag gegen Altersarmut.
Die Koalition hatte lange um die Details gerungen. Die Union setzte eine Einkommensprüfung durch, um die Zahl der Berechtigten zu begrenzen und zu verhindern, dass auch vermögende Rentner eine Grundrente erhalten. Heil war anfangs von drei Millionen möglicher Bezieher ausgegangen. Er hatte eine weitergehende Bedürftigkeitsprüfung abgelehnt und erklärt, wer ein Leben lang in die Rente eingezahlt habe, dürfe für eine Grundrente nicht zum Sozialamt geschickt werden. Die Rentenversicherung soll die Einkünfte nun über einen automatischen Datenabgleich mit den Finanzämtern prüfen. Die Rentenversicherung äußerte sich angesichts des Aufwands zur Einkommensermittlung erneut skeptisch, ob der Zeitplan eingehalten werden könne.
Heil, Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonten nach dem Kabinettsbeschluss gemeinsam, der Koalition sei ein guter Kompromiss gelungen. Spahn und Seehofer rechtfertigten die Einkommensprüfung. Damit komme die Grundrente den Menschen zugute, die sie brauchen. Zugleich sei es gelungen, die Steuerzahler nicht übermäßig zu belasten, sagte Spahn.
Die Grundrente soll aus Steuern finanziert werden und den Bund im Einführungsjahr 1,4 Milliarden Euro kosten. Bis 2025 steigt der Zuschuss weiter an. Eingeplant sind auch Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer, deren Einführung aber offen ist. Ein Sprecher von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) erklärte, daran werde auf EU-Ebene weiter gearbeitet.
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