Berlin (epd). Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, will der Unübersichtlichkeit bei Leistungen für die häusliche Pflege den Kampf ansagen. Einem am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Papier des Bevollmächtigten zufolge sollte es künftig zwei Budgets geben, ein Pflege- und ein Entlastungsbudget. Westerfellhaus sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), Pflegebedürftige müssten leichter an die Leistungen der Pflegeversicherung kommen und sie flexibler einsetzen können.
Viele verzichteten heute auf Unterstützung, die ihnen zustehe, sagte Westerfellhaus: "Sie geben in dem Dschungel einfach auf." Die Angehörigen hätten nicht die Kraft, sich auch noch in die Pflege-Bürokratie zu vertiefen: "Betreuungsleistungen, Sachleistungen, Verhinderungspflege, Tagespflege, Nachtpflege - das sind unter Umständen mehr als 20 Anträge. Das ist viel zu kompliziert", kritisierte Westerfellhaus.
Ambulant versorgte Pflegebedürftige haben Anspruch auf zahlreiche, teils kombinierbare Einzelleistungen. Diese bisherigen Beträge für Kurzzeit, Tages- und Nachtpflege sollen Westerfellhaus zufolge künftig in einem Entlastungsbudget zusammengefasst werden, das sich an die Angehörigen richtet. Die Leistungen sind dafür gedacht, die Pflege sicherzustellen, wenn die Angehörigen nicht da sein können oder Entlastung brauchen.
In einem monatlichen Pflegebudget sollen die Pflegesachleistungen beziehungsweise das Pflegegeld, 125 Euro im Monat für Unterstützung bei der Betreuung (Entlastungsbetrag) und 40 Euro für Hilfsmittel zusammengefasst werden. Nicht ausgeschöpfte Beträge aus dem Pflegebudget sollen zu 50 Prozent ausbezahlt werden. Den Familien solle außerdem ein unabhängiger Berater zur Seite stehen, wenn sie das wollten, sagte Westerfellhaus.
Der Bevollmächtigte hofft, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) seinen Vorstoß im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Pflegeversicherung aufgreifen wird. Spahn hat angekündigt, in der ersten Jahreshälfte Vorschläge zur künftigen Finanzierung der Pflegeversicherung zu machen. Union und SPD haben im Koalitionsvertrag vereinbart, die Entlastungsleistungen für Angehörige in einem Budget zusammenzufassen.
Sozialverbände begrüßten Westerfellhaus' Vorstoß. Die Bürokratie überfordere die Menschen, erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Die Angehörigen scheiterten aber auch an fehlenden Angeboten. Kurzzeitpflegeplätze etwa lohnten sich für die Heimträger nicht, weil sie nicht ausreichend vergütet würden, erklärte die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege.
In Deutschland werden nach Angaben der Bundesregierung knapp drei Millionen Menschen zu Hause gepflegt. Zahlreichen Studien zufolge leiden die Angehörigen unter den hohen Belastungen. Mehr als die Hälfte wünschen sich dem Barmer-Pflegereport 2018 zufolge weniger Bürokratie, feste Ansprechpartner und mehr Aufklärung über die Leistungen, die ihnen zustehen.
Die Techniker Krankenkasse veröffentlichte in Hamburg Zahlen, wonach der monatliche Entlastungsbetrag von 125 Euro nur von jedem zweiten Pflegebedürftigen in Anspruch genommen wird. Das Geld kann beispielsweise für Haushaltshilfen, einen Hausnotruf oder Betreuung ausgegeben werden.