Pflegebevollmächtigter: Pflegeversicherung muss einfacher werden
12.02.2020
epd
epd-Gespräch: Bettina Markmeyer

Berlin (epd). Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, will, dass Pflegebedürftige und ihre Angehörigen leichter an die ihnen zustehenden Leistungen der Pflegeversicherung kommen. Westerfellhaus sagte dem Evangelischer Pressedienst (epd) am Mittwoch in Berlin, es gehe nicht um zusätzliche Leistungen. Aber das Abrufen müsse endlich einfacher werden.

"Viele sagen mir: Ich verstehe es nicht. Ich gebe in dem Dschungel einfach auf. Und dann verzichten sie auf Leistungen, die ihnen eigentlich zustehen", berichtete Westerfellhaus. Die Angehörigen hätten nicht die Kraft, sich auch noch in die Pflege-Bürokratie zu vertiefen: "Betreuungsleistungen, Sachleistungen, Verhinderungspflege, Tagespflege, Nachtpflege - das sind unter Umständen mehr als 20 Anträge. Das ist viel zu kompliziert", kritisierte Westerfellhaus.

Künftig soll es seinem Vorschlag zufolge nur noch zwei Budgets geben, eins für die eigentlichen Pflegeleistungen, das andere für die Entlastung der Pflegepersonen. Die Familien könnten dann entscheiden, was sie gerade brauchen. Dabei soll ihnen ein unabhängiger Berater zur Seite stehen, wenn sie das wollten, erklärte Westerfellhaus, der seine Vorschläge in einem Papier zusammengefasst hat, das er am Mittwoch veröffentlichte.

Ambulant versorgte Pflegebedürftige haben Anspruch auf eine Vielzahl teils kombinierbarer Leistungen, wenn die Angehörigen nicht da sind oder um sie stundenweise zu entlasten. Sie wüssten aber häufig nicht, was ihnen zustünde, erklärte Westerfellhaus: "Wie viele das sind, wissen wir nicht. Denn sie geben ja schon vor der Beantragung auf." So würden etwa die Entlastungsleistungen von 125 Euro im Monat "in großem Umfang nicht abgerufen. Das Geld bleibt bei den Pflegeklassen liegen", kritisierte Westerfellhaus.

Der Bevollmächtigte hofft, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) seinen Vorstoß im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Pflegeversicherung aufgreifen wird. Spahn hat angekündigt, in der ersten Jahreshälfte Vorschläge zur künftigen Finanzierung der Pflegeversicherung zu machen. Union und SPD haben im Koalitionsvertrag vereinbart, die Entlastungsleistungen für Angehörige in einem Budget zusammenzufassen.

In Deutschland werden rund drei Millionen Menschen zu Hause gepflegt. Zahlreichen Studien zufolge leiden die Angehörigen unter den hohen Belastungen. Mehr als die Hälfte (60 Prozent) wünschen sich dem Barmer-Pflegereport 2018 zufolge dringend weniger Bürokratie, feste Ansprechpartner und mehr Aufklärung über die Leistungen, die ihnen zustehen. Viele kennen die Möglichkeiten nicht oder können sie - wie etwa die Kurzzeitpflege - nicht nutzen, weil ein passendes Angebot fehlt.