Berlin (epd). Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, sieht weiterhin Kritikpunkte am Intensivpflege-Gesetz, das an diesem Mittwoch vom Kabinett auf den Weg gebracht werden soll. Dusel sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin, es sei immer noch nicht vollständig ausgeschlossen, dass ein Beatmungspatient gegen seinen Willen seine Wohnung verlassen müsse. Dann würde nicht mehr er selbst, sondern die Krankenkasse über seinen Wohnort entscheiden.
"Die grundsätzlichen Ziele des Gesetzes teile ich, kann aber die Befürchtungen der Betroffenen gut nachvollziehen", sagte Dusel und forderte eine Klarstellung. Sonst würde erst die Umsetzung zeigen, ob das Gesetz im Einklang mit der UN-Behindertenrechtskonvention stehe. Er werde den von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgelegten Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren konstruktiv und kritisch begleiten, kündigte Dusel an.
Ziel der von Spahn angestoßenen Reform der ambulanten Intensivpflege ist unter anderem, die Versorgung von Beatmungspatienten stärker zu kontrollieren und zu verbessern. Die hohen Vergütungen von bis zu 25.000 Euro im Monat für eine Rund-um-die Uhr-Betreuung zu Hause hatten betrügerische Pflegedienste angelockt. Mit der Reform werden die Anforderungen an Ärzte und Pflegedienste und die Kontrollen erhöht.
Zugleich wird die stationäre Versorgung attraktiver, weil Beatmungspatienten im Heim finanziell entlastet werden sollen. Spahn hatte nach heftigen Protesten von Beatmungspatienten und Behindertenverbänden den Gesetzentwurf entschärft. Der Widerstand hatte sich daran entzündet, dass Beatmungspatienten nur noch ausnahmsweise in der eigenen Wohnung versorgt werden sollten. Viele fürchteten, in ein Heim gezwungen werden zu können.