Leutheusser-Schnarrenberger: Lage in Moria inakzeptabel
05.02.2020
epd
epd-Gespräch: Mey Dudin

Berlin/Mytilini (epd). Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger fordert angesichts der verheerenden Zustände in den griechischen Flüchtlingslagern die Bundesregierung zum Handeln auf. "Wir brauchen keinen europäischen Strategieplan, über den ein halbes Jahr diskutiert wird. Es muss jetzt etwas passieren", sagte die stellvertretende Vorsitzende der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung während eines Informationsbesuchs auf der Insel Lesbos dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie rief Innenminister Horst Seehofer (CSU) auf, das Thema "in Europa auf den Tisch" zu bringen und den Griechen konkrete Hilfen in Aussicht zu stellen.

Europa dürfe nicht mehr wegschauen. Die Situation der Flüchtlinge auf den griechischen Inseln sei inakzeptabel. Es gebe zunehmend Spannungen. Auch die Bewohner von Lesbos fühlten sich "extrem alleingelassen". Geschlossene Abschiebelager indes, auf die die griechische Regierung nun setzt, lehnt die frühere FDP-Spitzenpolitikerin ab: "In meinen Augen ist das nicht mit europäischem Recht vereinbar."

Auf der Insel Lesbos liegt das berüchtigte Flüchtlingscamp Moria, das vor fünf Jahren als Vorbild für europäische Hotspots gedacht war, seit Jahren aber völlig überfüllt ist: Für knapp 3.000 Personen ausgelegt, müssen im Lager und auf Feldern und Olivenhainen außen herum inzwischen mehr als 20.000 Menschen ausharren. Regelmäßig gibt es Ausschreitungen.

Leutheusser-Schnarrenberger sagte, außerhalb des Camps müssten Tausende Menschen unter Plastikplanen hausen, die als Regenschutz aufgespannt und mit Steinen beschwert worden seien. Als Fußboden würden Paletten benutzt, die bei nassem Wetter etwas Schutz vor Pfützen und Schlamm böten. Gerade auch mit Blick auf die Kinder und Schwangeren seien die hygienischen Zustände unverantwortlich. "Es ist eine humanitäre Krise." Das Wichtigste sei, dass in diesem wilden Lager außerhalb des Moria-Camps eine medizinische Station aufgebaut werde. Hier sei die griechische Regierung gefragt - aber mit internationaler Hilfe.

Eine Aufnahme minderjähriger Flüchtlinge im Alleingang, wie von einigen deutschen Kommunen gefordert, sieht die einstige Ministerin allenfalls als positives Zeichen. Es komme zuerst auf rechtsstaatliche Verfahren an. Diese Kinder seien derzeit in Verfahren, die zu Ende gebracht werden müssten. Aber auch hier könne Seehofer das deutsche Hilfsangebot mit seinen europäischen Partnern absprechen, um Verfahren zu beschleunigen und gemeinsam zu einer Lösung zu kommen.