Menschenrechtler verurteilen Massaker an Indigenen in Nicaragua
Nach dem blutigen Überfall auf ein Mayangna-Dorf im Regenwald von Nicaragua fordern Menschenrechtler mehr Schutz: Der unerklärte Krieg gegen Mensch und Natur müsse aufhören.

Oaxaca de Juárez, Göttingen (epd). Menschenrechtler haben ein Massaker an indianischen Ureinwohnern in Nicaragua scharf verurteilt. Noch nicht einmal in international anerkannten Naturschutzgebieten seien Indigene heute in Nicaragua vor tödlichen Übergriffen sicher, beklagte die Gesellschaft für bedrohte Völker am Freitag in Göttingen. Bewaffnete schreckten nicht davor zurück, Indigene zu ermorden, um sich Land illegal anzueignen und die Wälder zu roden. "Nicaraguas Regierung muss diesen unerklärten Krieg gegen Mensch und Natur endlich stoppen", forderte die Organisation.

Auch die Interamerikanische Menschenrechtskommission rief die nicaraguanische Regierung per Twitter auf, die indigenen Gemeinden stärker zu schützen. Bei dem Angriff in der Karibikregion Bosawás waren am Mittwoch sechs Menschen vom Volk der Mayangna von Siedlern getötet worden. Zehn weitere Ureinwohner wurden verschleppt. In Nicaragua leben den Angaben zufolge rund 30.000 Mayangna.

Nach einem Bericht der Tageszeitung "La Prensa" drangen etwa 80 Bewaffnete in das Dorf Alal ein, erschossen die jungen Männer und brannten einige Häuser nieder. In dem Biosphärenreservat Bosawás gibt es einen Konflikt, weil die Indigenen sich weigern, ihr Territorium zu verlassen. Sebastían Lino von der lokalen Regierung der Mayangna erklärte, dass Landwirte seit Jahren versuchten, sich das Land anzueignen, um darauf Ackerbau und Viehzucht zu betreiben.

Die oppositionelle "Zivile Allianz für Gerechtigkeit und Demokratie" machte die Regierung mitverantwortlich für das Massaker. Die Gemeinde habe bereits im November Drohungen erhalten, aber der Staat habe nichts unternommen. "Wenn der Staat solchen Vorfällen nicht vorbeugt und sie nicht ahndet, hält er seine internationalen Verpflichtungen, die Unversehrtheit, das Leben und das Land der Indigenen zu schützen, nicht ein", erklärte die Interamerikanische Menschenrechtskommission. Sie ist ein Organ der Organisation Amerikanischer Staaten, dem alle unabhängigen Länder des gesamten Kontinents angehören.

Das etwa 2,2 Millionen Hektar große Naturschutzgebiet war 1997 von der Unesco als Biosphärenreservat anerkannt worden. Es gilt als eines der größten zusammenhängenden Regenwaldgebiete nördlich der Amazonasregion. Nicaragua habe in den vergangenen 20 Jahren rund 19 Prozent seines Waldbestandes verloren, erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker.

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