Berlin (epd). Nach der ersten bestätigten Coronavirus-Infektion in Deutschland will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Fluggesellschaften und Kliniken zusätzliche Meldepflichten auferlegen. Piloten auf Flügen aus China sollen den Tower bei der Landung über den Gesundheitszustand der Passagiere informieren, kündigte Spahn am Dienstag in Berlin an. Reisende aus China sollen zudem auf Formularen Auskunft darüber geben, wo sie in den kommenden 30 Tagen zu erreichen sind.
Kliniken in Deutschland sollen verpflichtet werden, auch Verdachtsfälle einer Corona-Infektion zu melden. Bislang gilt das nur für bestätigte Fälle. Die neue Meldepflicht für Kliniken soll in den nächsten Tagen inkraft treten, die Neuerungen für Fluggesellschaften Spahn zufolge bereits bis Mittwochnachmittag.
Am Montagabend wurde die erste Erkrankung mit dem Virus in Deutschland nachgewiesen. Ein 33-jähriger Mann aus Bayern steckte sich nach Angaben der dortigen Behörden offenbar während eines Meetings an seinem Arbeitsplatz im Kreis Starnberg an, an dem auch eine Kollegin aus China teilgenommen hatte. Dem Betroffenen geht es den Angaben zufolge momentan gut. Er wird am Klinikum München-Schwabing medizinisch überwacht und isoliert.
Spahn rief insgesamt zu Gelassenheit auf. Die Gefahr für die Gesundheit der Menschen in Deutschland durch die neue Atemwegserkrankung aus China sei nach derzeitiger Einschätzung gering. "Für übertriebene Sorge gibt es keinen Grund", sagte er. Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar H. Wiehler, sagte, mit steigender Zahl der Verdachtsfälle vor allem in China nehme die Zahl der schwerwiegenden Erkrankungen und Todesfälle relativ gesehen ab. "Die Schwere hat eher abgenommen", sagte er.
Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) hatte zuvor erklärt, man nehme die Lage "sehr ernst", sei aber auch gut vorbereitet. Man sei in Absprache mit dem Bund, ob es sinnvoll sei, an Flughäfen Fiebermessungen durchzuführen. Bundesgesundheitsminister Spahn lehnte diese Maßnahme ab. Im konkreten Fall hätte das nichts gebracht, erklärte er.
Der Würzburger Tropenmediziner Professor August Stich riet trotz der Infektion zu "aufmerksamer Gelassenheit". Die Gefährlichkeit des Virus könne man nicht abschließend bewerten, sagte der Chefarzt der Klinik für Tropenmedizin an der Würzburger Missioklinik dem Evangelischen Pressedienst (epd). Stich empfiehlt, die "Basishygiene zu erhöhen", öfters mal Hände zu waschen und auf Symptome im Lungenbereich zu achten.
Die EU-Kommission hat unterdessen ihre Hilfe angeboten. Das EU-Koordinationszentrum zur Notfallreaktion sei mit den Mitgliedstaaten in Kontakt und berate über die Reaktion auf die Ausbreitung des Virus, sagte eine Sprecherin in Brüssel.
Das neuartige Coronavirus, das noch keinen eigenen Namen hat, kann eine Lungenkrankheit auslösen. Erstmals aufgetreten ist es in China, dort sind bereits mehr als 100 Menschen daran gestorben. Größtenteils waren dies ältere Patienten mit Vorerkrankungen. Die Zahl der weltweit bekannten Erkrankungen liegt inzwischen bei mehr als 4.500 Fällen.
In Deutschland haben die Barmer sowie die Bundesländer Bayern und Berlin Telefonhotlines für die Beratung eingerichtet. Das Robert-Koch-Institut informiert auf seiner Internetseite.
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