Köln (epd). Wegen Bedrohungen gegen sich und seine Familie verzichtet der Bürgermeister der nordrhein-westfälischen Stadt Kerpen, Dieter Spürck (CDU), auf eine erneute Kandidatur. Es gebe eine "zunehmende Verrohung in der ganzen Gesellschaft", sagte der 53-Jährige dem "Kölner Stadt-Anzeiger" und der "Kölnischen Rundschau" (Donnerstag). "Soweit mich das selbst betrifft, halte ich das für ein tragbares Berufsrisiko, aber nicht für meine Frau und meine Kinder."
Politik sei "teilweise ein sehr dreckiges" Geschäft geworden. Er habe in seinem Briefkasten die Nachricht gefunden, dass seine "Kinder es zu spüren" bekämen, wenn er sich nicht "intensiver für den Hambacher Wald einsetzen" würde, berichtete Spürck. Auch Gegner der Flüchtlingspolitik hätten versucht, ihn einzuschüchtern. Wenn einem Kind in Kerpen etwas geschehe, dann werde das seinen Kindern "ebenfalls so gehen", sei er gewarnt worden. Auch gab Ankündigungen, "mir die Mafia auf den Hals zu hetzen oder sich bei mir zu Hause einzuquartieren".
Spürck hatte das Bürgermeisteramt 2015 übernommen. Seitdem habe er "wiederholt Schrammen" an seinem Auto vorgefunden. "Vor meiner Haustüre hat man mir die Luft aus den Reifen gelassen. An der Rathaustüre hingen Beschimpfungen", sagte der Vater von zwei Kindern. Der Bürgermeister von Kamp-Lintfort, Christoph Landscheidt (SPD), hatte vor zwei Wochen die Diskussion über die Sicherheit von Kommunalpolitikern neu entfacht, als er wegen Drohungen aus der rechten Szene einen großen Waffenschein beantragt hatte.
In den vergangenen Jahren wurden mehrfach Amtsträger verletzt oder getötet: 2017 wurde etwa der Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein (CDU), mit einem Messer angegriffen, ebenso wie die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) 2015. In Hessen wurde im Juni 2019 der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) auf seiner Terrasse erschossen.