Frau Wolf, worum geht es beim Projekt "Gärtnern für Trauernde"?
Karin Wolf: Wir wollen Menschen in ihrer Trauerarbeit unterstützen. Das Arbeiten an den Hochbeeten ist eine elementare Tätigkeit, es geht ums Wachsen, Werden und Vergehen. Dieser Jahreszyklus, den wir in der Natur zwischen Frühjahr und Herbst erleben, entspricht auch dem Zyklus der Trauer. Wir gärtnern gemeinsam und kommen miteinander ins Gespräch. Mitmachen können Menschen, die in einer akuten Trauer stecken - weil sie einen Menschen verloren haben, weil sie eine körperliche Einschränkung betrauern oder weil sie sich in einer Lebenskrise befinden.
Was genau passiert bei dem Projekt?
Karin Wolf: Unser Kooperationspartner Green City hat an der Offenbarungskirche in Berg am Laim mehrere Hochbeete aufgebaut. Sechs oder sieben nutzen wir für unser Projekt, drei weitere sind für die Menschen aus der Gemeinde und dem Stadtviertel da. Beim "Gärtnern für Trauernde" trifft sich die Gruppe voraussichtlich an zwei Samstagen für vier Stunden und siebenmal am Dienstag für zwei Stunden. Natürlich kann man auch zwischendurch zum Gießen oder Unkrautjäten an die Beete kommen - allein oder mit anderen verabredet.
Trauercafés sind mittlerweile ein bekanntes Veranstaltungsformat. Wo liegt der Vorteil beim Garten-Projekt?
Karin Wolf: Trauercafés richten sich an Menschen, die schon über die akute Trauerphase hinweg sind und einfach einen stabilen Ort zum Reden und Kennenlernen anderer brauchen. "Gärtnern für Trauernde" richtet sich an Menschen in akuter Trauer. Die Gartenarbeit ist etwas, was wir gemeinsam tun können - dabei muss man nicht immer reden. Wir wissen, dass es zur psychischen Gesundheit beiträgt, wenn wir uns in der Natur bewegen. Natur ist archaisch: Mal regnet es, mal ist es kalt - so wie?s halt ist. Damit muss man zurecht kommen. Das Gute an solchen Herausforderungen ist: Wenn man sie gelöst hat, hat man sie gelöst - fertig. Außerdem wollen wir natürlich das, was wir den Sommer über anpflanzen, auch genießen: eine Tasse Kräutertee oder ein gemeinsam gekochtes Essen zum Beispiel. Das sind Dinge, die Trauernden oft abgehen. Die Leere und Schwere in ihnen ist so groß, dass der Genuss in den Hintergrund tritt.