Berlin (epd). Einen Tag vor der Bundestags-Abstimmung über eine mögliche Neuregelung der Organspende in Deutschland war der Ausgang am Mittwoch weiter offen. Die Abgeordneten müssen am Donnerstag darüber entscheiden, ob künftig jeder ein potenzieller Spender ist, der dem nicht widersprochen hat oder weiterhin nur diejenigen, die ihre Spendenbereitschaft zu Lebzeiten erklärt haben. Wie bei ethischen Themen üblich, entscheiden sich die Abgeordneten unabhängig von ihrer Fraktionszugehörigkeit.
Nur die AfD hat als Fraktion einen eigenen Antrag eingebracht, der aber als chancenlos gilt. Ziel aller Anträge ist eine Erhöhung der Spenderzahlen. Im Kern stehen sich zwei Positionen gegenüber. Die bisher meisten Unterstützerinnen und Unterstützer hat der Antrag für eine sogenannte Widerspruchsregelung. Dafür wirbt eine Gruppe von Abgeordneten um Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach. Spahn und Lauterbach wollen, dass jeder, der zu Lebzeiten nicht widersprochen hat, ein möglicher Organspender wird.
Bisher ist es umgekehrt: Organspender wird nur, wer vor dem Tod seine Spendebereitschaft erklärt hat oder dessen Angehörige es dies danach tun. Die andere Gruppe um die Grünen-Chefin Annalena Baerbock, Linken-Chefin Katja Kipping und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) will an der jetzigen Regelung festhalten, aber erreichen, dass sich die Bürger stärker mit der Organspende auseinandersetzen. Dazu soll es regelmäßige Abfragen ihrer Spendebereitschaft bei der Ausweissstelle oder beim Hausarzt geben. Einen Zwang zur Entscheidung soll es weiterhin nicht geben. Der Antrag hat bisher weniger Unterstützer als der der Befürworter einer Widerspruchsregelung.
Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt bekräftigte angesichts des offenen Ausgangs die Unterstützung der Ärzteschaft für den Vorstoß von Spahn und Lauterbach. Eine Widerspruchsregelung verschaffe den Menschen auf den Wartelisten für ein Organ Hoffnung, erklärte er. Die weiterhin niedrigen Spenderzahlen zeigten, dass Aufklärungskampagnen allein nicht reichten. Die Widerspruchsregelung nehme die Menschen hingegen in die Pflicht, sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden, erklärte der Ärztekammerpräsident.