Wirbel um Anwalt aus rechtsextremer Szene im Düsseldorfer Karneval
Toleranztest vor den tollen Tagen: Als bekannt wird, dass in einem Düsseldorfer Karnevalsverein ein Jurist mit Verbindungen in die rechtsextreme Szene Mitglied ist, hagelt es Kritik. Am Ende tritt Björn Clemens aus dem "Narrencollegium" aus.
14.01.2020
epd
Von Karsten Frerichs (epd)

Düsseldorf (epd). Der Düsseldorfer Karneval wird sechs Wochen vor Rosenmontag von einer Debatte um politischen Extremismus und Grenzen der Toleranz erfasst. Nachdem bekannt geworden war, dass der Anwalt Björn Clemens, der der rechtsextremen Szene nahesteht, dem Karnevalsverein "Narrencollegium" angehört, überschlugen sich am Dienstagvormittag die Ereignisse: Zunächst äußerten Karnevalisten und Religionsvertreter scharfe Kritik. Die Organisatoren des Düsseldorfer Rosenmontagszugs forderten Clemens' Ausschluss und drohten dem Verein mit weitreichenden Konsequenzen. Schließlich erklärte Clemens seinen Austritt aus dem "Narrencollegium" und sprach von einer "infamen Rufmordkampagne".

Auslöser der Debatte war ein Bericht der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Dienstag) über die Mitgliedschaft des Juristen in dem Verein, dem dieser seit 2017 angehöre. 2019 sei der Jurist im Rosenmontagszug auf einem Prunkwagen mitgefahren. Clemens sei Vorstandsmitglied der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Gesellschaft für freie Publizistik (GfP). Zudem sei er Bundesvize der Partei "Die Republikaner" gewesen. Als Anwalt vertritt er derzeit einen der beiden Tatverdächtigen im Mordfall Lübcke, Markus H.

Der Brauchtumsmanager der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Walter Schuhen, sagte der Zeitung: "Ich bin entsetzt und verspüre ein leichtes Gefühl von Ekel." Vom "Narrencollegium" erwarte er eine Erklärung.

Der bundesweit bekannte Wagenbauer Jacques Tilly sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), der Karneval könne solche Menschen wie Clemens nicht in seinen Reihen dulden. "Der Karneval ist zwar parteipolitisch neutral, steht aber für Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Toleranz und Internationalität", sagte er. Die GfP sei ein Sammelbecken für Holocaust-Leugner. "Auch Rechtskonservative dürfen selbstverständlich Karneval feiern, der Karneval ist wirklich für alle da. Aber hier ist eine Grenze überschritten", sagte der Künstler.

Der evangelische Pfarrer Martin Fricke erklärte, der Evangelische Kirchenkreis Düsseldorf sei sehr irritiert. Rechtsextremismus und Intoleranz hätten im Karneval keinen Platz. Der Kirchenkreis beteiligt sich an einem "Toleranzwagen", auf dem auch katholische, jüdische und muslimische Religionsvertreter mitfahren.

Eine ultimative Aufforderung erging vom Comitee Düsseldorfer Carneval (CC): "Wir werden mit dem 'Narrencollegium' umgehend Kontakt aufnehmen und den Vorstand auffordern, das Mitglied Björn Clemens aus dem Verein auszuschließen", erklärte CC-Präsident Michael Laumen. Andernfalls würden dem Verein weitreichende Konsequenzen drohen bis hin zu einem Ausschluss aus dem CC. Als Dachorganisation des Düsseldorfer Karnevals organisiert das CC den Rosenmontagszug.

Derweil hatte der Vereinsvorstand schon beraten und teilte kurze Zeit später mit, Clemens habe seinen Austritt erklärt. Er komme damit einer Entscheidung des Vorstandes zuvor und folge dem Rat des Präsidenten Dennis Vobis. Die Beurteilung des "Narrencollegium"-Vorstandes, Clemens habe sich an alle Regeln des Vereins gehalten, bleibe bestehen. Der Jurist habe auf keiner Veranstaltung des Vereins je über Politik gesprochen, weder in kleineren Runden noch auf der Bühne. "Von dem Gedankengut, das Björn Clemens allerdings auf privaten Veranstaltungen und Kundgebungen hat verlauten lassen, distanzieren wir uns deutlich", erklärte der Verein.

Auf epd-Anfrage erklärte Clemens, er gehöre keiner Partei an und sei bei den Republikanern vor 13 Jahren ausgetreten. In der Gesellschaft für freie Publizistik sei er Vorstands-Mitglied. In einer schriftlichen Stellungnahme kritisiert er die Medienberichterstattung scharf. Er weise den Versuch zurück, ihn für sein "patriotisches Denken als rechtsextrem zu diffamieren". Mit seinem Vereinsaustritt wolle er weiteren Schaden vom Verein, seiner Person und seiner Familie fernhalten.

epd kfr/hei jup