Berlin (epd). Die Bundesregierung verhandelt mit Ankara über ein Abkommen zur Gründung türkischer Schulen in Deutschland. Das Auswärtige Amt bestätigte in Berlin einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag). Die ersten Reaktionen fielen überwiegend skeptisch aus. Der stellvertretende Unionsvorsitzende Thorsten Frei (CDU) erklärte, die Schulen müssten frei von jeder Einflussnahme des türkischen Staates bleiben. Die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen bezeichnete die Gespräche mit der Erdogan-Regierung als "fatal".
Die nordrhein-westfälische Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) erklärte, ausländische Schulen könnten nur auf der Grundlage des Landesschulgesetzes genehmigt werden. Einen "diplomatischen Rabatt" werde es nicht geben. Die Türkei strebt an, eine der Schulen in Köln zu gründen. Bei den Verhandlungen gehe es zunächst um den Status der drei deutschen Auslandsschulen in der Türkei. Im Gegenzug wünsche die türkische Seite ein vergleichbares Angebot in Deutschland.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes erläuterte, es werde über "ein Rahmenabkommen der Gegenseitigkeit" verhandelt. Es soll den rechtlichen Rahmen für die Einrichtung von drei Schulen regeln, analog zu den drei deutschen Auslandsschulen in Ankara, Istanbul und Izmir.
Als Standorte für die türkischen Schulen sind dem Sprecher zufolge Berlin, Köln und Frankfurt am Main im Gespräch, wo jeweils viele türkischstämmige Menschen leben. Die Bundesländer seien in die Verhandlungen eingebunden, sagte der Sprecher. Die Umsetzung der Pläne richtet sich nach den Schulgesetzen der Länder, die auch für die Aufsicht über die geplanten Schulen zuständig sind. Ein Entwurf für ein Abkommen liegt den Bundesländern derzeit zur Prüfung vor.
Ebenso wie andere Staaten darf die Türkei nicht selbst als Schulträger in Erscheinung treten. Diese Rolle müssen private Vereine übernehmen, die dafür nach den Landesschulgesetzen in Frage kommen. Welche dies sein könnten, blieb zunächst offen.
Deutschland hat nach Auskunft des Auswärtigen Amts mit mehr als 20 Staaten Bildungsabkommen, die den Betrieb ausländischer Schulen ermöglichen. Wann die Verhandlungen mit der Türkei abgeschlossen sind, ließ der Ministeriumssprecher offen.
Die Gespräche, an denen die Bundesländer beteiligt sind, laufen dem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge seit Sommer 2019. Den Anstoß habe die vorübergehende Schließung der deutschen Schule in Izmir durch türkische Behörden ein Jahr zuvor gegeben. Das türkische Erziehungsministerium habe diese damit begründet, dass der Schule die rechtliche Grundlage fehle.
Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Frei warnte, Schulen sollten die Integration fördern und nicht behindern. Die Gründung türkischer Auslandsschulen dürfe "niemals der Einstieg in ein paralleles Schulsystem in Deutschland" sein. Die deutschen Schulen in der Türkei richteten sich speziell an das Botschaftspersonal, erläuterte Frei. Um viel mehr könne es bei den türkischen Schulen in Deutschland auch nicht gehen.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), forderte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag/Samstag), die Lerninhalte müssten dem entsprechen, was an öffentlichen deutschen Schulen gelehrt werde, und mit den Grundwerten und Gesetzen in Deutschland übereinstimmen.
Die Linken-Politikerin Dagdelen kritisierte die Verhandlungen mit der Türkei scharf. "Erdogan polarisiert und spaltet unsere Gesellschaft", sagte Dagdelen: "Seine Schulen sind Gift für die Integration und Demokratie."
Die AfD-Fraktion im Bundestag kritisierte, die Bundesregierung lasse sich auf einen "Kuhhandel mit Ankara" ein, um die weitere Schließung deutscher Schulen in der Türkei zu verhindern.