Experte: In ersten Berufsjahren beachtliche Gehaltserhöhungen möglich
Nur jeder zweite Beschäftigte profitiert von regelmäßigen Tariferhöhungen
Es ist wohl ein Klassiker unter den guten Vorsätzen für das neue Jahr: Den Chef auf eine Gehaltserhöhung ansprechen. Gute Argumente erhöhen die Chance, in einem solchen Gespräch tatsächlich Gehör zu finden.

Düsseldorf (epd). Für Beschäftigte sind nach Angaben der Hans-Böckler-Stiftung im ersten Drittel ihrer Karriere "beachtliche Gehaltssteigerungen" möglich. Das gewerkschaftsnahe Institut beruft sich dabei auf eine Auswertung von 195.000 Datensätzen des Portals "Lohnspiegel.de". Für ältere Kollegen und Beschäftigte in einfacheren Tätigkeiten könne sich ein Lohnvergleich bei konkurrierenden Unternehmen lohnen, erklärte die Stiftung am Freitag in Düsseldorf.

Am Anfang des Berufslebens wachse der eigene Erfahrungsschatz besonders schnell und viele Beschäftigte übernähmen dann mehr Verantwortung, sagte Malte Lübker, Experte für Tarif- und Einkommensanalysen bei der Böckler-Stiftung. "Das macht einen für den Arbeitgeber wertvoller." Mit etwas Verhandlungsgeschick lasse sich das in bare Münze umwandeln.

Laut Lübker verdienen Angestellte mit fünf Jahren Berufserfahrung im Schnitt 13 Prozent mehr als Neueinsteiger, mit zehn Jahren liegt der Vorsprung bereits bei 22 Prozent. Nach 20 Jahren im Beruf verdienen Hochqualifizierte im Durchschnitt 46 Prozent mehr als Anfänger im gleichen Beruf; bei den Helfer- und Anlerntätigkeiten betrage das Plus 19 Prozent.

Für Beschäftigte in einfacheren Tätigkeiten sei der Verweis auf die Gehälter bei anderen Arbeitgebern häufig das beste Argument. Das von der Stiftung betriebene Portal "Lohnspiegel.de" biete für mehr als 500 Berufe einen Lohn- und Gehaltscheck an. Auch den Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit empfiehlt Lübker als Informationsquelle.

"Der kritische Blick auf die eigene Gehaltsabrechnung ist besonders wichtig, wenn der Arbeitgeber keinen Tarifvertrag anwendet", sagte Arbeitsmarktexperte Lübker. Denn Arbeitnehmer in Unternehmen ohne Tarifvertrag verdienen im Schnitt gut zehn Prozent weniger als vergleichbare Beschäftigte in tarifgebundenen Betrieben der gleichen Branche und ähnlicher Größe, wie er ausführte.

Nach Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) arbeiteten im Jahr 2018 nur noch 54 Prozent der Beschäftigten in einem tarifgebundenen Betrieb, verglichen mit 68 Prozent im Jahr 2000. Tarifverträge sehen neben den von den Gewerkschaften ausgehandelten Lohnerhöhungen häufig auch Erfahrungsstufen vor, mit denen das Gehalt bei längerer Betriebszugehörigkeit in regelmäßigen Abständen automatisch ansteigt. "Wenn der Tarifvertrag fehlt, hat man es da leider häufig deutlich schwerer", erklärte Lübker.

Wer in einem Einzelgespräch mehr Gehalt fordert, sollte durch einen guten Auftritt überzeugen können, sagte Lübker. Ein gutes Argument kann demnach der eigene Beitrag zum Erfolg des Unternehmens sein, etwa dass man sich als guter Teamplayer erwiesen oder dass man zusätzliche Aufgaben im Betrieb übernommen hat.