Berlin (epd). Der Verein "Mehr Demokratie" und 14 Jugendliche wollen vor dem Bundesverfassungsgericht ein Wahlrecht für 16- und 17-Jährige bei der Europawahl durchsetzen. Wie der Verein am Donnerstag in Berlin mitteilte, soll am Montag in Karlsruhe eine Wahlprüfungsbeschwerde eingereicht werden. Die Jugendlichen hatten zuvor erfolglos beim Bundestag Einspruch eingelegt gegen das Mindestwahlalter von 18 Jahren, das bei der Wahl für das Europaparlament galt.
Eine ganze Generation, der die Zukunft Europas besonders am Herzen liege, habe zu Hause bleiben müssen, sagte die Juristin des Vereins, Nicola Quarz. Prozessbevollmächtigte für das Verfahren in Karlsruhe sind die Hochschulprofessoren Hermann Heußner und Arne Pautsch.
Sie argumentieren, das Grundgesetz sehe zwar ein Mindestalter von 18 Jahren für die Bundestagswahl vor. Dies könne aber nicht ohne weiteres auf andere Wahlen übertragen werden. Das Mindestwahlalter von 18 Jahren bei der Europawahl legt in Deutschland das EU-Wahlgesetz fest. Der Verein und die klagenden Jugendlichen wollen es durch die Wahlprüfungsbeschwerde für ungültig erklären lassen.
Da die Verfassung für die Europawahl keine Festlegung enthalte, gelte zuerst das Prinzip der Allgemeinheit der Wahl, nach dem jeder Bürger das Recht habe zu wählen, erläuterte Heußner. Im Alter von 16 Jahren seien Jugendliche hinreichend fähig, vernünftige Wahlentscheidungen zu treffen. Andere EU-Staaten, die unter 18-Jährigen das Wählen erlauben, hätten damit gute Erfahrungen gemacht. Nach seinen Angaben dürfen in Österreich und Malta Jugendliche ab 16, in Griechenland ab 17 Jahren wählen.
Quarz verwies auch auf U-18-Wahlen in Deutschland. In elf Bundesländern könnten Jugendliche sich an Kommunalwahlen beteiligen, in vier Ländern auch an Landtagswahlen, sagte sie.
Heußner erläuterte, die Europawahl habe es bei Inkrafttreten des Grundgesetzes und auch bei der späteren Absenkung des Wahlalters in der Bundesrepublik nicht gegeben, und sie finde deswegen auch keine Erwähnung. Dennoch könne man nicht deswegen automatisch das Mindestwahlalter der Bundestagswahl heranziehen. Entscheidend sei, ob es auch heute eine Mehrheit gäbe, um die Einschränkung auf das Mindestwahlalter 18 im Grundgesetz entsprechend vorzunehmen.
Für eine Änderung der Verfassung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich. Heußner äußerte Zweifel, dass diese erreicht würde. Trend der vergangenen Jahre sei es, dass das Wahlalter abgesenkt wird, sagte der Jurist.
Quarz sagte, der Verein wolle mit seinem Vorgehen erreichen, dass 16- und 17-Jährige bei der nächsten Europawahl ihr Kreuz machen könnten. Ziel sei nicht, die in diesem Jahr erfolgte Wahl im Nachhinein für ungültig zu erklären, betonte die Vereinsjuristin.