Dubai, Neu-Delhi (epd). Massenfestnahmen, Mobiltelefonsperren und Verkehrsblockaden: In Indien ebben die Proteste gegen die umstrittene Staatsbürgerschaftsreform nicht ab. Am Donnerstag nahm die Polizei Hunderte Demonstranten fest, die dem Versammlungsverbot der Regierung getrotzt hatten, wie die Tageszeitung "Times of India" berichtete.
In der Hauptstadt Neu-Delhi war der Mobilfunkempfang stellenweise blockiert und mehr als ein Dutzend Metro-Stationen blieben geschlossen. Zufahrtsstraßen zur Hauptstadt waren gesperrt. Die Polizei riet den Bürgern davon ab, nach Neu-Delhi zu reisen, sofern dies nicht unbedingt erforderlich sei.
Auch in Bangalore wurden Hunderte Demonstranten festgenommen. Anlass der massiven Protestwelle ist ein Gesetz, das nicht-muslimischen Einwanderern aus Nachbarländern die indische Staatsbürgerschaft ermöglicht, wenn sie sechs Jahre lang in Indien gearbeitet haben. Die hindu-nationalistische Regierung unter Ministerpräsident Narendra Modi hatte die Reform in der vergangenen Woche durch das Parlament gebracht und hält daran fest. Bisher war allen illegal Eingewanderten ein indischer Pass grundsätzlich verwehrt.
Mindestens sechs Menschen kamen bei den Protesten bislang ums Leben. Mehr als 100 Menschen wurden verletzt. Die Polizei ging mit Schlagstöcken und Tränengas gegen Studenten vor. Ihr wird Brutalität vorgeworfen.
Das Gesetz wird kritisiert, weil es muslimische Einwanderer benachteiligt. Demonstranten sehen darin ein Signal auf dem Weg zu einem Hindu-Staat, was dem Gründungsideal und der Verfassung Indiens als säkularem Staat widerspricht. In den an Bangladesch grenzenden Bundesstaaten wiederum protestieren die Einwohner, weil sie eine massive Einwanderungswelle von Nicht-Muslimen aus dem Nachbarland befürchten.
Die Mehrheit der 1,3 Milliarden Inder sind Hindus, die etwa 80 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Die zweitgrößte Religionsgruppe sind die etwa 170 Millionen Muslime. Rund zwei Prozent sind Christen (26 Millionen).
Unter der hindu-nationalistischen Partei BJP, die seit 2014 regiert, mehrten sich die Übergriffe auf Minderheiten. Im August schaffte die Regierung zudem den Sonderstatus der mehrheitlich muslimischen Kaschmir-Region ab. Im Oktober veröffentlichte die Regierung ein neues Staatsbürgerregister für Assam - dadurch wurden fast zwei Millionen Einwohner, zumeist Muslime, faktisch für staatenlos erklärt.