Washington (epd). Das von republikanischen Politikern in den USA scharf kritisierte Gesundheitsversorgungsgesetz "Obamacare" ist knapp ein Jahrzehnt nach Einführung erneut in Gefahr. Ein US-Bundesberufungsgericht stufte am Mittwoch (Ortszeit) einen Kernteil der Reform, die Versicherungspflicht, als verfassungswidrig ein. Ein untergeordnetes Gericht solle nun prüfen, ob das Wegfallen der Pflicht das gesamte Gesetzespaket ungültig macht, ordnete die drei Berufungsrichter in New Orleans im US-Staat Louisiana an.
Das 2010 beschlossene Gesetz "Affordable Care Act" für bezahlbare Gesundheitsvorsorge ist einer der großen politische Streitpunkte in den USA. Präsident Donald Trump hat wiederholt angekündigt, er wolle das seiner Ansicht nach zu kostspielige und bevormundende Gesetz abschaffen. Der gegenwärtige Rechtsstreit geht auf eine komplizierte Klage republikanischer Gouverneure zurück. Diese argumentieren, Trumps Steuerreform von 2017 habe "Obamacare" das gesetzliche Fundament entzogen.
Der Generalstaatsanwalt von Kalifornien kündigte Berufung beim Obersten US-Gericht gegen das Urteil an. Für viele Amerikaner sei "Obamacare" eine "Frage von Leben und Tod", sagte der Demokrat Xavier Becerra. Nach Angaben des Wirtschaftsforschungsinstituts "Center on Budget and Policy Priorities" haben sich mit Hilfe des Gesetzes rund 20 Millionen US-Amerikaner zusätzlich versichern lassen. "Obamacare" zahlt Einkommensschwachen einen Teil der Versicherungsprämien. Zudem verbietet das Gesetz Versicherungen, kranke Menschen auszuschließen.
Trump begrüßte das Urteil und erklärte, seine Regierung werde sich für "Hochqualitäts-Gesundheitsversorgung zu bezahlbaren Preisen" einsetzen. Ein Urteil des Obersten Gerichts wird frühestens Mitte des kommenden Jahres erwartet und damit mitten im Präsidentschaftswahlkampf. Trump und republikanische Politiker haben trotz ihrer Kritik an "Obamacare" keinen alternativen Reformplan vorgelegt.