Addis Abeba (epd). Äthiopien will nach Einschätzung der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Bärbel Kofler, kein Billiglohnland mehr sein. Kofler sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Addis Abeba, anstatt Investoren um jeden Preis anzulocken, werde zunehmend auf bessere Arbeitsbedingungen und existenzsichernde Löhne gesetzt. "Es ist eine große Herausforderung, das Land auf ein soziales und wirtschaftliches Niveau zu bringen, das Stabilität und Frieden garantiert." Im Gegensatz zu ihren früheren Besuchen bemerke sie nun Hoffnung, dass dies gelingen könne. Kofler bereiste Äthiopien zum fünften Mal.
Von deutschen Unternehmen, die in dem afrikanischen Land produzieren lassen, fordert Kofler einen Beitrag. Wenn man mit Ländern in enger partnerschaftlicher Beziehung stehe, dort investiere, müsse man auch genau hinschauen, wie die menschenrechtlichen Bedingungen seien. "Dabei geht es nicht darum, dass ein Elektromeister wissen muss, wo alle seine Kupferkabel herkommen." Aber wenn man wisse, dass in einem Land wie Äthiopien der Mindestlohn bei 25 US-Dollar im Monat liege und klar sei, dass davon kein Mensch leben könne, dann müsse man da ansetzen. "Es reicht nicht aus zu sagen, in Äthiopien wird eben nicht mehr gezahlt."
Nach Angaben Koflers verändert sich das Land derzeit rasant. Es seien keine Journalisten mehr im Gefängnis und Nichtregierungsorganisationen könnten mit Hilfe ausländischer Partner tätig werden. "Die Menschen können wieder in den Dialog miteinander treten. Vor zwei Jahren hätte ich das nicht für möglich gehalten." Kofler ist am vergangenen Samstag gemeinsam mit Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nach Äthiopien gereist. Am Dienstag wurden sie wieder in Deutschland zurückerwartet.