Jahrhunderte lang beteten Mönche in württembergischen Klöstern, bevor die Reformatoren im Südwesten die Bauten umnutzten. Ein Großteil wurde zu Schulen, in denen die Kirche ihren Pfarrernachwuchs heranzog. 22 Klosterorte in evangelischer Hand gibt es heute in Württemberg. Sie gehören dem Land, die Inhalte bestimmen die Protestanten. Eine landeskirchliche "Arbeitsgemeinschaft Klöster" unter Leitung des Reutlinger Regionalbischofs Christian Rose überlegt, wie geistliches Leben in den historischen Gemäuern wieder verstärkt werden kann.
Rose trat sein Amt 2007 an und absolvierte im Folgejahr eine "Tour de Prälatur" - also eine Reise durch seinen Sprengel. Dabei fielen ihm die vielen alten Klöster auf, etwa das Reformkloster der Benediktiner in Hirsau bei Calw oder das Stift Urach bei Reutlingen, das zwar ursprünglich kein Kloster, aber das Haus der "Brüder vom gemeinsamen Leben" war. Das Stift dient heute als Einkehrhaus der württembergischen Landeskirche. Für Rose stellte sich schnell die Frage: "Braucht es in unserer Landeskirche noch andere Formen geistlichen Lebens?", erläuterte er dem Evangelischen Pressedienst.
Gebete, Musik, gemeinsames Essen
Evangelische Klöster gibt es in Deutschland auch an anderen Stellen. Wenige wie Loccum, Amelungsborn (beide in Niedersachsen) und Heilsbronn in Bayern beherbergen sogenannte Konvente - evangelische Lebensgemeinschaften, die allerdings sehr viel lockerer organisiert sind als ein katholisches Kloster. Meistens kommen diese Gemeinschaften von Menschen, die außerhalb des Klosters leben, regelmäßig zu liturgischen Gebetszeiten, gemeinsamen Mahlzeiten und persönlichem Austausch zusammen.
Aus den Überlegungen ist nach einer Tagung 2013 in der Evangelischen Akademie Bad Boll die "Arbeitsgemeinschaft Klöster" entstanden. Diese veranstaltet seit 2017 jährlich einen Klostertag. Nicht Referate oder Predigten stehen dort im Mittelpunkt, sondern Gebetszeiten, Gesprächsrunden, meditative Orgelmusik, gemeinsames Essen und die persönliche Begegnung. Im kommenden Jahr wird der Klostertag in Hirsau stattfinden.
Neuer Konvent soll entstehen
Eine weitere Aktion der Arbeitsgemeinschaft mit ihren 30 Mitgliedern war die Produktion des 76-seitigen Magazins "Spuren. Evangelische Klosterorte in Württemberg". Es beschreibt in kurzen Texten die klösterliche Tradition in Württemberg, die Orden des Mittelalters und die Klostergeschichte seit der Reformation. Außerdem wird jeder Klosterort porträtiert.
Inzwischen gibt es eine Unter-Arbeitsgemeinschaft, die sich konkret der Frage widmet, wie sich geistliches Leben in ehemaligen Klöstern fördern lässt. Für Christian Rose geht es dabei nicht um Traditionspflege, sondern um einen Weg, die christliche Botschaft in moderner Zeit zu vermitteln. "Das Evangelium kommt auch durch gelebte christliche Gemeinschaft zu den Menschen", sagt er.
Angepeilt ist laut Rose, innerhalb der nächsten drei Jahre als Pilotprojekt einen Konvent im Stift Urach bei Reutlingen zu etablieren. Wie das Leben dieses Konvents aussehen wird, darüber mache man sich derzeit Gedanken. So könnte sich ein kleinerer Kreis wöchentlich zum liturgischen Gebet treffen, größere Veranstaltungen könnten vierteljährlich und jährlich stattfinden. Beschlossen sei in dieser Sache aber noch nichts.
Geradezu entscheidend ist nach Roses Ansicht, dass dieser Konvent kein geschlossener Zirkel sein wird. Er müsse offen sein für Menschen, die spirituell auf der Suche sind, betont er. Um die Schwellen niedrig zu halten, hat die Arbeitsgemeinschaft ein weiteres Projekt für 2020 in Angriff genommen: Erstmals soll es eine "Nacht der offenen Klöster" geben.