Es ist kurz vor 19 Uhr, die Steigkirche in Stuttgart füllt sich langsam mit Menschen. Im Foyer werden noch die letzten Getränke ausgeschenkt. Vor dem Altar ist eine Bühne aufgebaut, die in orange-rotem Licht erstrahlt. Kinder, Jugendliche, Familien und Freunde freuen sich auf einen spannenden Abend. Schließlich ist jeder Platz belegt, einige Gäste müssen sogar stehen.
Diana Birk studierte Medienwissenschaft mit Schwerpunkt Journalismus und in Anglistik/Amerikanistik in Tübingen und lebt als freie Journalistin und Autorin in Stuttgart. Sie schreibt Artikel unter anderem für die Südwestpresse, aber auch Kurzgeschichten und Drehbücher für Werbe- und Industriefilme.
Plötzlich gehen alle Lichter aus. Eine tiefe Männerstimme beginnt mit einem Countdown: "Zehn, neun, acht..." - weiße Schlaglichter wirbeln über den Zwischengang in Richtung Altar. "Sieben, sechs, fünf, vier..." - in der Kirche wird es mucksmäuschenstill. "Drei, zwei, eins..." - rote Scheinwerfer leuchten auf, fetzige Musik ertönt und die Moderatoren betreten unter tosendem Applaus die Bühne: Til Bauer, Pfarrer der Steigkirche, und seine badische Kollegin Anke Ruth-Klumbies sind die Slammaster des Abends. In der Kirche herrscht eine Stimmung wie bei einer Fernsehshow. „Herzlich willkommen zum 3. Preacher Slam in Stuttgart!“ Heute gelte es Spaß zu haben, aber auch ein paar Impulse zu setzen, erinnert Pfarrer Bauer. „Baden und Württemberg sollen heute näher zusammenrücken.“
Der Stuttgarter Preacher Slam ging am 15. November bereits in die dritte Runde. Dieses Mal war es jedoch nicht nur ein Wettbewerb unter Pfarrer*innen und Prediger*innen, sondern vor allem eine Zusammenkunft der Landeskirchen Baden und Württemberg. Die Slammer traten paarweise an - jeweils ein württembergischer und ein badischer Teilnehmer zusammen.
Schwitzige Hände, nervöse Gedanken
Ziel des Abends ist es, gemeinsam mit dem Publikum ein baden-württembergisches Siegerpaar zu wählen. Die Landeskirchen treten somit nicht gegeneinander an, sondern Hand in Hand. "Himmlisches Blind-Date", so lautet das Motto des Abends. Passt das denn überhaupt zusammen, „himmlisch“ und „Blind-Date“? Die Antwort der Teilnehmer: irgendwie schon. Per Los aus dem Eimer werden die einzelnen Paare ausgewählt. Insgesamt vier Paare und ein Dreiergespann treten gegeneinander an.
Den Anfang machen Sigrid Zweygard-Perez (Baden), Matome Sadiki (Württemberg) und Elke Niebergall-Roth (Baden). Sie slammen über die Erfahrungen bei einem Blind-Date, die schwitzigen Hände, die verwirrten, nervösen Gedanken. „Nimm meine Hände und führe mich in Versuchung“, sagt Elke zu ihrem himmlischen Date. Aber bitte mit einem guten Abendmahl, mit ofenfrischem Brot, und wenn schon Wein, dann mit einem schönen Cabernet Sauvignon.
Begegnung mit Gott und dem Tod
Für viele Lacher sorgen Heike Springhart (Baden) und Friedrich July (Württemberg). Heike erzählt davon, wie sie den Mann zum ersten Mal trifft, ihn von Weitem sieht und denkt: Bitte lass es nicht ihn sein! Ist das dann noch ein himmlisches Blind-Date? Oder eher ein höllisches? Friedrichs Slam geht in eine andere Richtung: ein Rendezvous mit Joe Black, dem Tod. Oder lieber ein Blind-Date mit dem Leben? Sabine Löw (Württemberg) erzählt von ihrer schwäbischen Begegnung mit Gott als Lichtblick an grauen Tagen, ihre Partnerin Elisabeth Förter-Barth (Baden) slamt über das Blind-Date im Körper einer Frau, wenn sie neues Leben empfängt. Friedrich July und Heike Springhart gehen als Champions aus der ersten Runde hervor.
Nach der Pause treten zwei weitere Paare gegeneinander an: Dietmar Winter (Württemberg) und Hiltrud Schneider-Cimbal (Baden) berichten von seltsamen, zufälligen Begegnungen im Fahrstuhl und einem Rendezvous mit der Bibel. Mit Humor und schauspielerischer Leistung begeistern Martina Reister-Ulrichs (Baden) mit ihrer TV-Sendung, live vom roten Teppich in Kanaan, und Manfred Strauß (Württemberg) mit seinem Slam über die Ehrfurcht über ein ersten Treffen mit Gott, ihr Publikum.
Die beiden entscheiden schließlich auch das Finale für sich. Manfred und Martina hatten sich im Slam-Blind-Date gefunden und dürfen als das baden-württembergische Siegerpaar des Abends eine Hochzeitstorte anschneiden.