Berlin (epd). Das Berliner Arbeitsgericht hat die Kündigung des einstigen Vize-Direktors der Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen bestätigt. Zur Begründung erklärte das Gericht am Mittwoch in Berlin, der heute 60-jährige Helmuth Frauendorfer habe mehrfach als Vorgesetzter ein unangemessenes Verhalten gegenüber Mitarbeiterinnen unter anderem in Bewerbungsgesprächen gezeigt. (Az 60 Ca 13111/18)
Dieses Verhalten habe er auch nach Ermahnung durch seinen Vorgesetzten, den damaligen Gedenkstättenleiter Hubertus Knabe, fortgesetzt. Keine Feststellung traf das Gericht wegen der Vorwürfe sexueller Belästigung. Diese seien nicht geprüft worden und für die Rechtmäßigkeit der ordentlichen Kündigung nicht erheblich gewesen, sagte Richter Arne Boyer bei der Urteilsbegründung.
Frauendorfer hatte gegen seine Kündigung geklagt. Er kann gegen das Urteil Berufung einlegen.
Die Gedenkstätte Hohenschönhausen sprach von einer "klaren Entscheidung" und zeigte sich mit Blick auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erleichtert. Nun könne man sich wieder "mit ungeteilter Aufmerksamkeit" der eigentlichen Aufgabe widmen, hieß es in einer Pressemitteilung. Die klare Positionierung des Gerichtes sei ein "wichtiges und ermutigendes Signal an alle Menschen, sich gegen Machtmissbrauch und sexuelle Belästigung im Arbeitsverhältnis zu Wort zu melden". Eine Sprecherin der Senatskulturverwaltung sagte auf Anfrage, "wir sehen unsere Rechtsauffassung durch das Urteil bestätigt".
Ins Rollen brachte die Führungskrise in der Gedenkstätte im Sommer 2018 ein Brief von mehreren betroffenen Mitarbeiterinnen an Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke). Lederer ist Vorsitzender des Stiftungsrats. Die Stiftung wird von Bund und Land finanziert.
Die Stiftung hatte daraufhin im September vergangenen Jahres die Kündigungen des stellvertretenden Gedenkstättendirektors sowie auch des Leiters Hubertus Knabe beschlossen. Knabe wurde zur Last gelegt, nicht entschieden genug gegen mögliche sexuelle Belästigungen durch seinen Stellvertreter vorgegangen zu sein. Auch Knabe hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Der Rechtsstreit um seine Abberufung wurde mit einem Vergleich beendet.
Das Gericht unterstellte in seiner Urteilsbegründung Frauendorfer Uneinsichtigkeit, so dass auch in Zukunft ein ähnlich unangemessenes Verhalten zu erwarten sei. Dem Gericht zufolge hat Frauendorfer unter anderem ein Vorstellungsgespräch in einer Kneipe geführt und einer neuen Mitarbeiterin in seiner Privatwohnung nach seinen eigenen Angaben als "Beichtvater" gedient. Insgesamt soll es sich laut Gericht um "rund ein Dutzend" Vorfälle gehandelt haben. In dem im Februar erstmals vor Gericht verhandelten Verfahren hatte Frauendorfer Vergleichsvorschläge des Gerichts abgelehnt.
Richter Boyer betonte, auf der Grundlage des Urteils dürfe Frauendorfer gegenüber nicht der Vorwurf der sexuellen Belästigung erhoben werden. Es sei aber "nicht ausgeschlossen, dass die Vorwürfe ganz oder teilweise zutreffen". Für die Urteilsfindung sei dies nicht erheblich gewesen.