Wiederverwendung gebrauchter Grabsteine in Werkstatt des Steinmetzbetriebs Hanel
© epd-bild/Timm Schamberger
Hans Baumgärtner schleift in der Werkstatt des Steinmetzbetriebes Hanel die Oberfläche eines alten Grabsteines ab.
Was tun mit Opas Grabmal?
Wenn ein Grab aufgelöst wird, müssen Angehörige auch entscheiden, was mit dem Grabstein werden soll. Möglichkeiten gibt es viele - nicht nur als "Secondhand-Grabstein" mit neuer Inschrift. Allerdings ist manchmal Vorsicht geboten.
23.11.2019
epd
Daniel Staffen-Quandt

Johannes bietet einen "naturbelassenen grünlichen Grabstein" zur Selbstabholung an. Nicole verkauft ein Grabmal aus braunem Granit: "Müsste nur gereinigt und die Schrift abgemacht werden." Und Bonny will einen "alten antiken Grabstein" aus grauem Granit loswerden - "ein ganz schweres Teil". Zu Dutzenden werden ausgemusterte Grabsteine im Internet angeboten. Juristisch spricht nach Ablauf der jeweiligen Ruhefrist im Prinzip nichts gegen eine Zweitverwertung - und auch theologisch nicht.

Der Vertrag für das Familiengrab läuft aus, wird nicht verlängert, also wird es aufgelöst - sprich: Die Friedhofsverwaltung vergibt die Grabstätte in der Regel neu. Bleibt die Frage: Wohin mit dem Grabstein? Angehörige haben verschiedene Möglichkeiten. Menschen, für die er einen hohen ideellen und emotionalen Wert hat, können ihn als Erinnerung sogar in ihren Garten stellen.

Steinmetz Herbert Strößner streicht mit einem Spachtel Epoxidharz auf einen Stein, um diesen mit einem alten Grabstein zu verkleben.

Manchmal kann man ihn auch von einem Steinmetz aufarbeiten lassen, um ihn später als eigenen Grabstein zu verwenden. Wieder andere beauftragen Fachleute, daraus Kerzenständer oder andere Steinobjekte zu fertigen. Oder man lässt den Stein einfach entsorgen.

Alexander Hanel leitet einen mittelständischen Steinmetzbetrieb im fränkischen Leutershausen bei Ansbach, ein Familienunternehmen. Für ihn ist die Wiederverwendung gebrauchter Grabsteine nichts Neues. "Man muss da zwischen zwei Gruppen unterscheiden", sagt er. Zum einen gebe es Steine, die sich für eine zweite Verwendung als Grabmal nicht eigneten. "Es gibt viele Grabmale, die nur aus einer dünnen Natursteinplatte bestehen, die auf einen Hintergrund aus Beton aufgebracht ist", erklärt Hanel.

Und dann gibt es welche aus hochwertigen Natursteinen. "Solche Steine arbeiten wir immer mal wieder zu neuen Grabmalen um", sagt Hanel. In der Regel müssten die Vorder- und Rückseite dazu abgeschliffen werden. 

Zahlen oder Statistiken zur Wiederverwendung von Grabsteinen gibt es nicht - allerdings dürften die wenigsten nach der Auflösung eines Grabes erneut auf einem Friedhof landen, vermutet Hanel. Unter anderem auch, weil heute strengere Regeln gelten als früher: Viele Friedhofsverwaltungen verlangten inzwischen ein Zertifikat, das bestätige, dass der Stein nicht aus Kinderarbeit stamme. Das sei bei älteren Steinen oft schlicht unmöglich nachzuweisen. 

Nach Hanels Einschätzung geben die meisten Angehörigen heutzutage die Steine auch deshalb zur Entsorgung frei. Die Grabmale werden dann meist zerkleinert und enden als Bauschutt. Der dient beispielsweise als Untergrund im Straßenbau oder auch bei der Befestigung von Flussufern.

In den seltenen Fällen, in denen kein Nachfahre ermittelt werden kann, verfährt die Stadt Würzburg so: Das Grab wird aufgelöst, die Steine werden zerkleinert und in einer Recyclinganlage entsorgt, um Missbrauch zu vermeiden. Die Stadt München geht ähnlich vor, außer es handelt sich um kunsthistorisch bedeutende Grabmale. Dann wird die Schrift entfernt, die Steine bleiben stehen.

Im Internet werden ausrangierte Grabsteine auch als Deko-Objekte für den Garten angepriesen. Das freilich ist nicht jedermanns Sache - zumal, wenn womöglich noch eine Inschrift darauf prangt. 

Das ist auch rechtlich heikel, wie ein Fall in der Nähe von Würzburg gezeigt hat: In einem Freizeitpark entdeckte eine junge Frau beim Besuch des dortigen "Horror-Hauses" den Grabstein ihres Opas. Ein Steinmetz hatte von den Nachfahren bei der Auflösung des Grabes den Auftrag zur Entsorgung des Grabsteins erhalten - und ihn an den Freizeitpark verkauft. Der Inhaber musste sich wegen "Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener" vor Gericht verantworten. Ein Mitarbeiter des Parks hatte versäumt, die Anweisung des Steinmetzes umzusetzen und die Inschriften der Grabmale vor dem Aufstellen zu entfernen.

Theologisch spricht nichts gegen eine Zweitverwertung von Grabsteinen. Ein Sprecher der bayerischen evangelischen Landeskirche erklärt, bei der Bestattung werde der Verstorbene unter Nennung seines Namens als "individueller Mensch" in die Hand Gottes zurückgegeben, die ihn erschaffen habe. Die Grabsteine nähmen dieses Motiv mit der Nennung des Namens der Verstorbenen auf. Sobald ein Grab aufgelöst und der Grabstein entfernt werde, verlören die Grabmale ihre Funktion wieder und könnten "als Steine weiterverwendet werden".