"Bürgerrechtler - das ist schon etwas übertrieben, es sind doch fast alle engagiert gewesen", sagt Axel Noack mit Blick auf die Zeit vor 30 Jahren, die er in einer der dreckigsten Regionen der DDR erlebte, in Wolfen: "Vor allem bin ich Pfarrer" - ein Leben lang. Auch wenn er diesen Beruf eigentlich gar nicht ergreifen wollte, sei er darin immer "am frohesten" gewesen. Heute ist er überzeugt: "Bei mir hat sich alles aufs Beste geschoben."
Für Unzufriedenheit oder Jammern sieht er für sich keine Gründe. Dennoch wisse er auch, dass es vielen im Osten anders gehe: "Manche Brüche in den Berufsbiografien kann auch kein SED-Unrechtsbereinigungsgesetz wieder heilen." Noack sagt: "Da bleibste gekniffen." Er kennt den Osten und die Menschen im Osten.
Am 8. November wird der Pfarrer und Magdeburger Altbischof Axel Noack 70 Jahre alt. "Ein frohgemuter Protestant" lautet der Untertitel einer aktuellen Biografie, und so sieht er sich auch, Protestant, ja. "Und froh bin ich auch." Er lacht. Auch als "fromm und links" würde er sich selbst beschreiben.
Wichtige Rolle beim Umbruch
Geboren wurde Noack 1949 in Biesnitz bei Görlitz. 1956 zieht die Familie nach Halle, dort wächst er auf und geht zur Schule. Später will er Mathematik studieren. Doch das Studium bleibt ihm als Wehrdienstverweigerer in der DDR versagt. Nach dem Abitur, mit dem er zugleich einen Abschluss als Betriebsschlosser erwirbt, geht er dann zunächst für ein Jahr als diakonischer Helfer nach Lobetal bei Bernau, kümmert sich dort mit um die Betreuung von behinderten und alten Menschen.
Von 1969 bis 1975 studiert er evangelische Theologie in Naumburg und ist von 1978 bis 1985 Studenten- und Kreisjugendpfarrer in Merseburg. Sein Interesse an der Theologie und der Wissenschaft braucht eine Weile, gibt er rückblickend selbst zu. Aber schon als Jugendlicher engagiert er sich im Kirchenparlament. Mitte der 80er Jahre übernimmt Noack das Pfarramt in Wolfen im Kirchenkreis Bitterfeld. Dort spielt er dann auch beim gesellschaftlichen Umbruch und bei der Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit eine wichtige Rolle. Es ist eine prägende Zeit für ihn. Als Pfarrer wird er gebraucht, das Pfarrhaus steht den Menschen offen, er organisiert Friedensgebete. Für ihn und seine Frau sei das wahrscheinlich die beste Zeit des Pfarrberufes gewesen, sagt er heute.
Entvölkertes Land
1986 wird er Mitglied in der Konferenz der Kirchenleitungen des Bundes der evangelischen Kirchen in der DDR und von 1991 bis 2003 ist er Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). 1997 wird er zum Bischof in der Kirchenprovinz Sachsen gewählt und bleibt dort bis 2009 im Amt - bis zur Fusion mit der Thüringer Landeskirche zur Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Anschließend übernimmt Noack einen Lehrauftrag für kirchliche Zeitgeschichte und territoriale Kirchengeschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Noack lebt gern in Sachsen-Anhalt, in seiner Heimatstadt Halle. Auch wenn er beobachten musste, wie das Land immer leerer wurde. Das große Problem im Osten sei, dass sehr viele Menschen weggegangen seien, schon 1961 und dann nach der Wende, sagt er. Es fehle eine bürgerliche Mitte, die hier mitgestalte. Mittlerweile gingen auch die Beamten und Hochschullehrer, die nach der Wende in den Osten kamen, im Ruhestand wieder zurück in den Westen: "Das Land wurde entbürgerlicht. Das ist ein bleibender Erfolg der SED." Auch Noacks drei Kinder und drei Enkel leben mittlerweile weit weg. Seine Tätigkeit an der Hochschule wird Noack demnächst beenden, aber auch danach noch in Vereinen und Gremien aktiv sein. Ruhiger werde es wohl nicht, schätzt er. "Da bin ich auch nicht dafür. Wenn man nur das macht, was Spaß macht, da wirste alt." Er brauche auch Stress, Ärger und Verantwortung.