Grundrente: Caritas-Präsident Neher kritisiert Koalition scharf

Berlin (epd). Der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, hat die Regierungsparteien Union und SPD ungewöhnlich deutlich aufgefordert, sich um die Menschen statt um Machtfragen zu kümmern. "Die Menschen müssen im Mittelpunkt stehen und nicht parteitaktische Winkelzüge", sagte Neher am Montag in Berlin zu den Auseinandersetzungen in der Koalition um die Grundrente.

Der katholische Caritasverband sehe mit Sorge, wie in den letzten Tagen die sozialpolitische Diskussion über die Gestaltung der Grundrente zu einem parteitaktisch motivierten Gezänk werde, erklärte Neher: "Machtpolitische Ambitionen scheinen wichtiger zu sein als die Lösung einer für viele Menschen im Alter existenziell bedrängenden Frage."

Wer ein Leben lang ein niedriges Einkommen erzielt, in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt und für sein Alter vorgesorgt habe, müsse vor Altersarmut geschützt werden, erklärte Neher: "Ich erwarte von unseren Regierungsparteien, dass sie alles unternehmen, um diesen Anspruch einzulösen."

Die Spitzen von Union und SPD haben die Beschlussfassung über ein Grundrenten-Modell um eine weitere Woche verschoben. Für den Montagabend war eigentlich ein Koalitionsausschuss geplant, der auf Basis der Vorarbeit einer hochrangig besetzten Arbeitsgruppe einen Beschluss herbeiführen sollte. Inzwischen wird darüber debattiert, ob die Koalition an dem Streit zerbrechen könnte.

Die SPD will keine umfassende Bedürftigkeitsprüfung. Die Union will die Bezieherzahl und die Ausgaben durch eine Einkommensprüfung begrenzen. Einig sind sich beide Seiten darin, dass Beschäftigte, die 35 Jahre Rentenbeiträge entrichtet haben, eine Rente zehn Prozent über der Grundsicherung erhalten sollen. Das Projekt ist im Koalitionsvertrag vereinbart. Es ist der dritte Anlauf für eine solche Mindestrente in drei Legislaturperioden.