Klein sieht "neuen Höhepunkt" des Antisemitismus in Deutschland

Berlin (epd). Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sieht einen "neuen Höhepunkt" des Antisemitismus in Deutschland. "Antisemitismus war in bürgerlichen Kreisen in Deutschland immer vorhanden. Doch heute äußern sich die Menschen offener", sagte Klein den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). "Die Hemmschwellen sind gesunken, zum Beispiel durch die Verbreitung von Hass und die Verrohung im Internet." In der politischen Kultur sei der Umgang ebenfalls rauer geworden, wozu auch die AfD beigetragen habe.

Klein reagierte auf eine neue Studie des Jüdischen Weltkongresses, wonach 27 Prozent aller Deutschen antisemitische Gedanken hegen. "Die bisherigen Umfragen gingen davon aus, dass rund 15 bis 20 Prozent der Deutschen latent antisemitische Einstellungen haben", erklärte Klein. "Der Israel bezogene Antisemitismus in Deutschland liegt mit 40 Prozent sogar noch deutlich höher." Hier würden zum Beispiel die Handlungen der heutigen israelischen Regierung mit dem gleichgesetzt, was die Nationalsozialisten der jüdischen Bevölkerung in Europa angetan hätten.

Als Konsequenz sieht Klein unter anderem die Justiz stärker in der Pflicht. "Es ist skandalös, dass viele Verfahren über antisemitische Straftaten von den Staatsanwaltschaften eingestellt werden." Die Gerichte müssten Antisemitismus stärker ahnden.

Die Gesellschaft insgesamt mahnte Klein zu mehr Wachsamkeit. "Wenn am Arbeitsplatz oder im Privatleben Sprüche kommen wie 'Juden haben zu viel Einfluss', müssen Leute etwas dagegen sagen." Nötig sei mehr Zivilcourage. "Es wäre gut, wenn es in Deutschland mehr Solidaritätsbekundungen mit Juden gäbe - und zwar nicht erst, wenn etwas passiert wie bei dem rechtsextremen Anschlag in Halle."

epd fu