Berlin, La Paz (epd). Mehr als sieben Millionen Bolivianer waren am Sonntag aufgerufen, ihren Präsidenten neu zu wählen. Favorit war laut Umfragen der amtierende Staatschef Evo Morales, der sich für eine vierte Amtszeit bewirbt, obwohl die Verfassung nur eine Wiederwahl vorsieht. Morales' aussichtsreichster Herausforderer ist der bürgerliche Universitätsprofessor Carlos Mesa, der für ein oppositionelles Bündnis antritt und Bolivien zwischen 2003 und 2005 regiert hat. Insgesamt treten neun Kandidaten an. Auch die Nationalversammlung und die Provinzparlamente werden am Sonntag neu gewählt.
Sollte Morales (59) nicht mindestens 40 Prozent der Stimmen und einen Vorsprung von zehn Prozentpunkten zum Zweitplatzierten erreichen, kommt es zu einer Stichwahl. Dort hätte der Amtsinhaber wesentlich schlechtere Aussichten, da sich die zersplitterte Opposition auf seinen Gegner einigen würde. Zuletzt sahen ihn die Umfragen bei knapp 39 Prozent der Stimmen, Carlos Mesa bei über 28 Prozent.
Morales regiert Bolivien seit 13 Jahren. In einem Referendum hatte sich 2016 eine knappe Mehrheit der Bevölkerung gegen die Möglichkeit einer erneuten Kandidatur des ehemaligen Koka-Bauern ausgesprochen. Doch das Verfassungsgericht, besetzt mit regierungstreuen Richtern, urteilte, es sei sein "Menschenrecht", erneut kandidieren zu können.
Morales hat die Armut in Bolivien fast halbiert, und die Wirtschaft wächst dank Rohstoffen wie dem seltenen Lithium. Gleichzeitig grassieren Korruption und Vetternwirtschaft, und die Regierung agiert zunehmend autoritär.