Die evangelisch.de-Redaktion hat Film "Zwingli - Der Reformator" gesehen.
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Die evangelisch.de-Redaktion hat den Film "Zwingli - Der Reformator" vorab gesehen und sagt ihre Meinung.
"Zwingli - Der Reformator": Die evangelisch.de-Rezension
Der Film "Zwingli - Der Reformator" startet am 31. Oktober 2019 in deutschen Kinos. Die evangelisch.de-Redaktion hat ihn schon gesehen. Hier sind unsere Meinungen zu dem Historiendrama, das die Lebensgeschichte des Schweizer Reformators Ulrich Zwingli aus der Sicht seiner Ehefrau Anna erzählt.

Markus Bechtold, Stellv. Portalleiter evangelisch.de: Passend zum Reformationsjubiläum in der Schweiz beginnt der Film im Jahr 1519. Erzählt wird die Geschichte des jungen Priesters Huldrych Zwingli am Großmünster in Zürich, der es mutig schafft, Menschen für die eigenen reformatorischen Vorstellungen zu begeistern. Selbst im Angesicht des Todes, die schwarze Pestbeule im Gesicht, verliert er nicht seinen Glauben an seine Vision und wird nach vielen Wochen wieder gesund. Dabei erzählt der Film aus der Sicht seiner Ehefrau Anna, mit der Zwingli einen Sohn hatte, wie er noch vor Martin Luther die Bibel ins Deutsche übersetzte. Luther kommt bei Zwingli nicht gut weg.

Mit der uns bekannten Schweizer Zurückhaltung, findet der Bildersturm im Großmünster mit den Doppeltürmen scheinbar recht geordnet statt. Tatsächlich aber ist seine Schlagkraft auch heute noch vor Ort spürbar und zu sehen. Zwingli arbeitet rastlos und emsig, bis ihn die Ungeduld der von ihm Begeisterten mancherorts selbst einholt und zu überrennen droht. Eindrücklich wird gezeigt, wie es ihm als Vermittler zwischen Welten gelingt, Altes aufzugeben und neue Wege zu ebnen. So ganz anders als der Reformator Martin Luther mit der Bibel in der Hand, ist Zwingli heutzutage auf einem Sockel in Zürich mit einem Schwert in der Hand zu sehen. Nach dem Film weiß man um die brutalen Widerstände seines Kampfes, um Ertränkungen im Fluss und grausamen Feuertoden.

Wer Zeit mitbringt, der Film hat 30 Minuten Überlänge, und sich auf die auch im Film inszenierte entschleunigende Schweizer Geruhsamkeit einzulassen vermag, sieht, dass es beim Kampf um Freiheit immer auch um Tapferkeit und den Widerstand der Verunsicherten geht, die sich alte Gewissheiten zurückwünschen. Freiheit ist anstrengend, das zeigt der Film: Freiheit, die sich lohnt.

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Lena Christin Ohm, evangelisch.de-Redakteurin:

Es ist ein langer Weg, den Ulrich Zwingli zu Beginn des Films auf sich nehmen muss – zumindest fühlt er sich für mich so an. Nur begleitet von Musik kommt er in Zürich an. Es ist ein Vorgeschmack auf das Erzähltempo des über zwei Stunden andauernden Films.

Die Handlung folgt der Historie, gibt aber wenige, konkrete zeitliche Anhaltspunkte. Der Beginn im Jahr 1519 und die Geburt von Zwinglis Tochter 1524 fließen als Orientierung ein. Der Rest bleibt so vage, dass ich anhand des Films noch nicht einmal hätte sagen können, in welchem Jahr Zwingli nun gestorben ist.

Beim Abhängen des goldenen Kreuzes bekommt der Zuschauer dann aus meiner Sicht so richtig ein Gefühl dafür, was Zwingli in Zürich erreicht hat: Die Demontage einer Weltordnung. Da ist es passend, dass ein Katholik Zwingli auffordert: "Lass bloß die Orgel da oben!" Wenigstens ein paar Gewissheiten sollten doch bitte bleiben – in einer Zeit, in der plötzlich alles ins Schwanken geraten ist.

Während des ganzen Films komme ich keiner der Hauptpersonen emotional nah. Ich leide nicht mit ihnen, ich freue mich nicht mit ihnen. Das liegt womöglich daran, dass die Kamera nie wirklich nah an die Menschen rangeht, sondern immer eine Art Sicherheitsabstand hält. Und der wirkt sich auch auf mich als Zuschauerin aus.

Anika Kempf, Fotoredakteurin evangelisch.de:

Erstaunlich, was die Eidgenossen so auf die Beine stellten, damals 1517 - so mutig, forsch und mitreißend kennt man sie gar nicht. Hierzulande denkt man bei der "Schwiez" eher an Heidi, DJ Bobo und vielleicht noch den guten alten Wilhelm Tell. Doch dass da im tiefsten Mittalalter ein tatkräftiger Reformator wie Ulrich "Huldrych" Zwingli am Werk war, ist den deutschen Nachbarn meist weniger geläufig. Umso interessanter dieser Film über Zwingli anlässlich der 500 Jahre-Reformations-Feierlichkeiten 2019 in der Schweiz, dem freilich eine gewisse schweizerische Gemütlichkeit anzumerken ist, was sich auch in der Laufzeit von über zwei Stunden widerspiegelt.

Da versucht uns Hauptdarsteller Max Simonischek einen charismatischen, lebenshungrigen Mann näher zu bringen, der 1517 in Zürich aufschlägt und dort tatkräftig die katholische Kirche umkrempelt. Er wollte auf keinen Fall "so herumfuhrwerken wie der Luther", und so zerstreiten sie sich auch, historisch belegt, bei den Marburger Religionsgesprächen 1529 endgültig.

Dabei zeigen sich im Verlauf des Films durchaus parallele Stimmungen zwischen einigen Szenen bei "Katherina Luther" (2017, Rezension der Evangelisch.de-Redaktion: https://www.evangelisch.de/inhalte/142208/20-02-2017/katharina-luther-rezension-evangelisch.de-Redaktion) und "Zwingli", z. B. den ausgelassenen Tischgesprächen bei Luthers zu Hause und dem reformerischen Leben Zwinglis, das ein wenig an ein munteres Studenten-WG-Leben erinnert: Die Kneipe dient als Klatsch- und Tratschtreff, die Nachbarin Anna entpuppt sich als heißer Flirt, es wird lasterhaftem Wurstessen während der Fastenzeit gefrönt, es werden aufrührerische Reden im Unterricht und von der Kanzel herab geschwungen, es werden Sitzblockaden gegen Essenslieferungen der katholischen Kantone angeregt und es gibt eingeschworene Arbeitsgruppen zum Bibelübersetzen und ein Flugblätterdrucken beim Froschauer.

Dabei läuft aber alles in Zwinglis Filmleben so ruhig und langsam ab wie ein zähes Käsefondue. Auch dass er letzten Endes den Pfaffen-Teebeutel von seinem Kopf gegen einen Soldatenhelm eintauscht und 1531 nach der Schlacht von Kappel gevierteilt wird bringt uns den Menschen hinter dem Reformator nicht wirklich näher. So bleibt dieser Film insgesamt eher gemütlich bis zurückhaltend. Ganz so, wie das Klischee der Eidgenossen.

Jörg Echtler, freier Mitarbeiter evangelisch.de:

Es ist das Verdienst von Regisseur Stefan Haupt, die Geschichte von Ulrich Zwingli überhaupt ins Kino gebracht zu haben. So erfährt man Näheres zu einem Reformator, der außerhalb der Schweiz stets im Schatten Luthers und Calvins steht. Der Film ist ein Beitrag zum Reformationsjubiläumsjahr in der Schweiz, gefördert unter anderem von der reformierten Kirche und dem Kanton Zürich. Entsprechend eng hält er sich an die historisch überlieferten Fakten, erzählt sie chronologisch nach - vom Eintreffen Zwinglis in Zürich und den ersten Predigten bis hin zum dramatischen Ende auf dem Schlachtfeld.

Diese strenge Chronologie und Faktentreue macht das Ganze aber auch ein wenig einfallslos und vorhersehbar. Vor allem die Hauptfiguren, Ulrich Zwingli und seine Frau Anna Reinhart, deren persönliche Geschichte parallel erzählt wird, bleiben blass, weil der Regisseur sich nicht nahe genug an die Menschen hinter den historischen Figuren herantraut. Stoff für große Emotionen wäre durchaus vorhanden gewesen - von der Pestepidemie, der Zwingli gleich zu Beginn beinah zum Opfer fällt, über die Schwierigkeiten der Annäherung eines Priesters an eine junge Witwe, dem unerhörten Vorgang der Eheschließung selbst bis zum Aufbruch Zwinglis in den Krieg entgegen der Bitte seiner Frau, dem schließlich nicht nur er selbst sondern auch Annas ältester Sohn zum Opfer fällt.

Der langsam erzählte Historienfilm hält durchaus eindrückliche Bilder bereit – etwa der Innenraum des Großmünsters, aus dem mit den katholischen Priestern auch alle Altäre und Bildwerke verschwinden. Zurück bleibt eine schmucklose aber eben auch kahle Kirche des Wortes, die die Radikalität der Zürcher Reformatoren sichtbar macht, aber auch die zunehmende Vereinsamung und Bedrängnis Zwinglis. Ähnlich Luther distanziert auch er sich von „Auswüchsen“ der reformatorischen Bewegung und liefert ehemalige Gefährten wie den Täufer Felix Manz ans Messer – dafür, dass ihm die Obrigkeit, der mächtige Züricher Rat, weiter gewogen bleibt, ist er bereit, diesen Preis zu zahlen.