Brüssel, Luxemburg (epd). Die Justiz muss bei der Auslieferung eines Verdächtigen oder Straftäters an ein anderes EU-Land die örtlichen Haftbedingungen genau prüfen. Wenn es verlässliche Anhaltspunkte für gravierende Mängel in den dortigen Gefängnissen gibt, hat sie den im Einzelfall vorgesehenen Haftort detailliert zu beurteilen, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg. Hintergrund ist der Fall einer geplanten Auslieferung aus Deutschland nach Rumänien. Eine wichtige Rolle bei der Bewertung spielt dabei der persönliche Raum, über den der Gefangene in der Zelle verfügt. (AZ: C-128/18)
Rumänien hatte einen Europäischen Haftbefehl gegen einen Mann erlassen, der wegen Vermögens- und Urkundsdelikten gesucht wurde. Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg muss über die Auslieferung aus Deutschland entscheiden.
Nach europäischem Recht dürfen Personen nicht überstellt werden, wenn damit gegen das Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Strafe verstoßen würde. Die Hamburger Richter wollten deshalb vom EuGH wissen, anhand welcher Kriterien die Gefahr einer solchen Unmenschlichkeit ermittelt werden soll. Das Gericht hatte sich bereits über die örtlichen Hafträume informiert. Jetzt stand die Frage im Raum, ob es eine absolute Untergrenze für persönlich zur Verfügung stehenden Raum gebe.
Der EuGH kam nun zu dem Schluss, dass die Justiz "alle relevanten materiellen Aspekte der Haftbedingungen" dort, wo der Betreffende inhaftiert werden soll, berücksichtigen müsse, darunter den persönlichen Raum, die sanitären Verhältnisse und die Bewegungsfreiheit innerhalb des Gefängnisses. Eine absolute Untergrenze für den persönlichen Raum gebe es zwar nicht. Wenn dieser aber in einer Gemeinschaftszelle unter drei Quadratmetern liege, begründe das "eine starke Vermutung" einer unmenschlichen Behandlung, heißt es in dem Urteil. Generell müsse dem Gefangenen möglich sein, "sich in der Zelle normal zu bewegen".