Tunis (epd). In Tunesien waren am Sonntag rund sieben Millionen Einwohner aufgerufen, einen neuen Präsidenten zu bestimmen. In einer Stichwahl traten der Medienunternehmer Nabil Karoui und der Jurist Kais Saïed gegeneinander an. Der 56-jährige Karoui war erst am Mittwochabend nach rund sechs Wochen Untersuchungshaft freigelassen worden. Gegen den Medienmogul wird wegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche ermittelt. Im ersten Wahlgang Mitte September war er mit 15,6 Prozent der Stimmen auf dem zweiten Platz gelandet.
Karouis Gegner in der Stichwahl, der pensionierte Jura-Dozent Saïed, hatte mit 18,4 Prozent die meisten Stimmen geholt. Der 61-Jährige, der keiner Partei angehört, ist ein bekannter Verfassungsexperte. Er setzt sich für ein dezentralisiertes Regierungsmodell ein und vertritt konservative Positionen, etwa im Umgang mit Homosexualität, die in Tunesien mit Haftstrafen geahndet werden kann.
Tunesien ist das einzige Land, das seit dem "Arabischen Frühling" 2011 eine demokratische Entwicklung genommen hat. Die elf Millionen Einwohner leiden aber unter einer Wirtschaftskrise mit hoher Inflation und Arbeitslosigkeit.