Luxemburg (epd). Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat am Dienstag in Luxemburg versucht, Mitstreiter für den Notfallmechanismus für Flüchtlinge zu gewinnen. Der Mechanismus könnte ein "Pilotprojekt" für eine gemeinsame europäische Asylpolitik insgesamt sein, sagte Seehofer vor dem EU-Innenministerrat. Wenn es diese nicht gebe, bestehe "die Gefahr, dass es wieder zu unkontrollierten Zuwanderungen kommt - und zwar in ganz Europa."
Zugleich machte Seehofer klar, dass er von dem Treffen keine Beschlüsse erwarte. Es gehe zunächst darum, über die Ende September auf Malta zwischen Deutschland, Frankreich, Italien und Malta getroffene Vereinbarung zu informieren. "Und dann werden wir sehen aus der Reaktion, welche Länder dann bereit sind, in den nächsten Wochen und Monaten, wenn Schiffe vor der Küste von Italien auftauchen oder Malta, sich daran zu beteiligen", sagte der Minister.
Auf die Frage, wie viele Länder notwendig seien, erklärte er: "Wir sind funktionsfähig" und verwies darauf, dass man schon seit 15 Monaten Seenotrettung betreibe. In dieser Zeit wurde allerdings immer auf Ad-hoc-Basis um Aufnahmeländer für die Geretteten geworben, eine Praxis, die der Notfallmechanismus eigentlich beenden soll.
Das freiwillige System würde die Anlandung und Verteilung von auf dem zentralen Mittelmeer geretteten Migranten in geordnetere Bahnen lenken. Rettungsschiffe sollen nicht mehr Tage bis Wochen auf See ausharren müssen, bis sie anlanden dürfen. Deutschland hat bereits zugesagt, jeweils ein Viertel der Menschen aufzunehmen.
Seehofer verteidigte diese Linie, für die er in Deutschland kritisiert worden war, in Luxemburg erneut. Seit Sommer 2018 habe Deutschland lediglich 225 Flüchtlinge aus der Seenotrettung aufgenommen. Es sei "schade", "vielleicht sogar beschämend", dass man wegen einer solchen Zahl "eine solche Debatte" führe.
Dabei sieht Seehofer den Mechanismus als Schritt hin zu einem gemeinsamen EU-Asylsystem insgesamt, um das seit Jahren gestritten wird. Im Kern geht es darum, wie den Mittelmeeranrainern, wo die meisten Migranten ankommen, von den übrigen Ländern geholfen wird. Verpflichtende Aufnahmequoten sind bislang am Widerstand einer Gruppe östlicher EU-Staaten gescheitert.
Seehofer warnte in Luxemburg: "Wenn wir alle Länder, die an der Außengrenze der EU liegen, alleine lassen, dann wird es nie eine gemeinsame europäische Asylpolitik geben." Dann drohten unkontrollierte Zuwanderungen, die man schon einmal erlebt habe. Auch die finnische Ratsvorsitzende Maria Ohisalo und EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos äußerten sich zugunsten des Notfallmechanismus.
Andere Töne kamen von österreichischer Seite. "Ich glaube, es sehen sehr viele Mitgliedstaaten der Europäischen Union diese Vorschläge kritisch", sagte Innenminister Wolfgang Peschorn. Er verwies darauf, dass die zentrale Mittelmeerroute von Libyen nach Italien und Malta nur einen kleinen Teil der Migrationsströme bilde. Dem Vernehmen nach wollten Griechenland und weitere Länder dieses Thema in Luxemburg ebenfalls in den Fokus rücken. Österreichs Ressortchef deutete außerdem an, dass der Notfallmechanismus von bisherigen EU-Beschlüssen abweiche. Eigentlich habe man in Europa doch festgelegt, dass es geordnete Asylverfahren geben, die Außengrenzen geschützt und illegale Schlepperei bekämpft statt belohnt werden sollte, sagte Peschorn.