Stuttgart (epd). In Deutschland nimmt die Zahl der Frauen und Mädchen zu, deren Genitalien verstümmelt wurden. "Mit der Zuwanderung der vergangenen Jahre ist die Zahl der Betroffenen deutlich gestiegen", erklärte die Evangelische Gesellschaft in Stuttgart (eva) am Dienstag. Nach Schätzung der Frauenrechtsorganisation "Terre des Femmes" erhöhte sich die Zahl von 2017 bis 2018 um mehr als zehn Prozent. Heute gibt es demnach etwa 65.000 Frauen und Mädchen mit verstümmelten Genitalien in der Bundesrepublik. 15.500 weitere Frauen und Mädchen im Land gelten als bedroht.
Die Verstümmelung oder Entfernung der Klitoris und manchmal auch Teile der Schamlippen dient dazu, die Sexualität der Frauen zu kontrollieren - und damit ihre Heiratschancen zu steigern. In Deutschland ist Genitalverstümmelung ein Straftatbestand und kann mit einer Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden.
Laut Dagmar Braun, Abteilungsleiterin bei der eva, wird das Thema Genitalverstümmelung in der Beratung immer wichtiger. In der eva-Beratungsstelle "Yasemin" kämen vorwiegend Anfragen von Frauen aus afrikanischen Staaten an. "Dieses Thema ist stark tabuisiert, es dauert lange und erfordert viel Vertrauen, bis die betroffenen Frauen überhaupt über dieses Thema reden", sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Viele Frauen lernten erst in Deutschland, dass Genitalverstümmelung eine Verletzung des Körpers und der Würde ist, die nicht sein muss und die sie ihren Töchtern nicht antun müssen. Deshalb plant "Yasemin" ein Vorbeugeprogramm. Auch eine Tagung zu "Zwangsverheiratung und Gewalt im Namen der Ehre" am 10. Oktober in Stuttgart widmet sich unter anderem diesem Thema.