Genf, Nairobi (epd). Im Südsudan werden Tausende Morde, Vergewaltigungen, Folterungen und Vertreibungen nicht gerichtlich verfolgt. Die Regierung sei offenkundig nicht willens, Verantwortliche für schwerste Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen, heißt es in einem am Montag in Nairobi vorgestellten Bericht von Amnesty International. Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere schwere Menschenrechtsverstöße blieben in dem Bürgerkriegsland deshalb ungeahndet.
Im Südsudan streiten die Regierung unter Präsident Salva Kiir und Rebellen unter Führung des ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar um die Macht. Seit Beginn des Konfliktes im Dezember 2013 wurden den UN zufolge Zehntausende Menschen getötet, mehr als vier Millionen sind vor der Gewalt geflohen.
Amnesty kritisierte, dass ein zwischen Regierung und Rebellen vereinbarter "hybrider" Gerichtshof, der aus inländischen und ausländischen Richtern bestehen soll, bis heute nicht eingerichtet worden sei. Die Regierung von Präsident Kiir verzögere seit Jahren die Etablierung des Gerichts, in das Opfer große Hoffnungen gesetzt hätten. Die Menschenrechtsorganisation forderte die Afrikanische Union (AU) und die Vereinten Nationen auf, den Druck auf Kiir zu erhöhen und einen verpflichtenden Zeitplan vorzulegen. Sollte dieser nicht eingehalten werden, solle die AU die Gründung eines Ad-hoc-Gerichts in Betracht ziehen.
Südsudanesische Gerichte sind Amnesty zufolge parteiisch. Richter folgten Anweisungen der Regierung, auch aus Angst, ihren Job zu verlieren. So habe der einzige Fall, der im Kontext des Bürgerkriegs gerichtlich abgeschlossen wurde, erhebliche Verfahrensmängel aufgewiesen. Zehn Soldaten waren von einem Militärgericht verurteilt worden, weil sie einen südsudanesischen Journalisten getötet und ausländische Mitarbeiterinnen von Hilfsorganisationen vergewaltigt hatten.
Der Südsudan mit seinen zwölf Millionen Einwohnern hatte 2011 die Unabhängigkeit vom Sudan erlangt. Vorausgegangen war ein jahrzehntelanger Bürgerkrieg gegen die sudanesische Armee.
Im aktuellen Konflikt zwischen Regierung und Rebellen werden beiden Seiten schwere Menschenrechtsverstöße und Kriegsverbrechen zur Last gelegt. Die Umsetzung von Friedensabkommen wird immer wieder verzögert. So gilt die zuletzt vereinbarte Bildung einer Einheitsregierung bis November dieses Jahres mittlerweile als unwahrscheinlich.