Hamburg, Kiel (epd). Deutsche Fischer nehmen es mit der Wahrheit offenbar nicht immer genau. Doch wenn es um die ungeliebte EU geht, lügen sie besonders häufig. Dies ist das Ergebnis einer Studie der Universität Hamburg und des Kieler Weltwirtschaftsinstituts, die am Dienstag in Hamburg veröffentlicht wurde. Doch zur Ehrenrettung der Fischer kann gesagt werden: Sie sind immer noch ehrlicher als Studierende der Uni Kiel.
Hintergrund der Studie ist, dass viele EU-Vorschriften zur Fischerei kaum wirkungsvoll kontrolliert werden können und die EU daher auch auf die Ehrlichkeit der Fischer angewiesen ist. Dies gilt insbesondere für das sogenannte Rückwurfverbot für Beifang. Die Ehrlichkeit der Fischer gegenüber einer "ungeliebten Kontrollinstanz" sei daher "von wesentlichem Interesse bei der Regulierung öffentlicher Ressourcen wie Meeresfischen", erklärte Moritz Drupp, Umweltökonom an der Universität Hamburg und einer der Autoren.
Für die Studie wurden knapp 900 Berufsfischer angeschrieben. Unter anderem sollten sie vier Mal eine Ein-Euro-Münze werfen und zurückmelden, wie oft diese mit der Kopf- oder Zahl-Seite nach oben lag. Für "Zahl" gab es fünf Euro Gewinn, für "Kopf" oder "Adler" jedoch nichts. Was die Fischer nicht wussten: Ein Teil der Briefköpfe zeigte nur die Logos der Universitäten, ein anderer Teil zusätzlich das Logo der EU. Die 120 teilnehmenden Fischer wussten, dass das Ergebnis nicht kontrolliert werden konnte. Überproportional häufig gaben sie drei oder vier "Zahl"-Würfe an, was statistisch nicht möglich ist. Wenn der Briefkopf nur die Logos der Universitäten zeigt, hielten sich jedoch vier von fünf Fischern an die Wahrheit. Sobald aber die Flagge der EU im Briefkopf erschien, antwortete fast jeder dritte Fischer unehrlich.
Dabei waren die Fischer noch vergleichsweise ehrlich: Bei einer Kontrollgruppe aus Studierenden der Uni Kiel antwortete sogar weniger als die Hälfte ehrlich über ihre Münzwurf-Ergebnisse. In ähnlicher Weise wie die Fischer wurden auch Brexit-Befürworter befragt. Auch dabei wurde häufiger gelogen, wenn die EU als Adressat genannt wurde.
"Wenn nicht kontrolliert wird, kommt es wesentlich darauf an, welche Einstellung der Regulierte gegenüber der regulierenden Instanz hat", bilanzierte Martin Quaas, Ko-Autor und Professor für Biodiversitätsökonomik in Leipzig. Beteiligt an der Studie waren neben der Uni Hamburg und dem Kieler Institut für Weltwirtschaft auch das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung in Leipzig und die Universität Leipzig. Die Untersuchung ist in der Fachzeitschrift "European Economic Review" erschienen.