Pro-Asyl: Im griechischen Lager Moria herrscht nackte Verzweiflung
30.09.2019
epd
epd-Gespräch: Mey Dudin

Berlin (epd). Im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos herrscht nach Worten des Geschäftsführers von Pro Asyl, Günter Burkhardt, die "nackte Verzweiflung". Burkhardt, der vor gut einer Woche vor Ort war, sagte am Montag im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Die Menschen leben in gedrängter Enge in improvisierten Zeltansammlungen, wo allein die Nähe schon menschlich inakzeptabel ist." Die Zeltlager seien ausgedehnt worden in die umliegenden Olivenhaine und es türmten sich stinkende Berge von Müll, der nicht entsorgt werde. Es sei ein Massenslum, in dem Menschen über Wochen, Monate, zum Teil über Jahre festsäßen ohne Perspektive. Derzeit halten sich Burkhardt zufolge schätzungsweise 12.500 Personen in dem Lager auf.

Burkhardt kritisierte: "Es gibt keine klaren Kriterien, wer das Elendslager verlassen kann und wer nicht. Auch das schürt Unruhe." Bei der Essensausgabe sei zeitweise nicht gewährleistet gewesen, dass alle, die anstanden, auch Essen bekamen. Und Frauen trauten sich nachts nicht auf die Toilette. Zugleich äußerte der Pro-Asyl-Geschäftsführer die Befürchtung, dass der Druck auf Griechenland zunehmen wird, die "Hilfsbedürftigen Hals über Kopf in die Türkei zurückzuschicken". Die Türkei sei aber für Flüchtlinge kein sicheres Land, warnte er. Das sei schon 2016 so gewesen, die Situation habe sich aber seither noch weiter verschärft: Die Türkei habe inzwischen damit begonnen, Hunderte Flüchtlinge nach Syrien abzuschieben.

Das EU-Türkei-Abkommen wurde im März 2016 geschlossen, um die Flucht über die Ägäis in Booten zu stoppen. Es sieht vor, dass in Griechenland anlandende Bootsflüchtlinge wieder in die Türkei zurückgeschickt werden. Die Bundesregierung pocht darauf, die Zahl der Rückführungen deutlich zu erhöhen. Bei einem Brand in Moria sind am Wochenende eine Frau und ein Kind getötet worden.