Dubai, Kabul (epd). Massive Angst vor Gewalt überschattet die Präsidentenwahl an diesem Samstag in Afghanistan. Die radikal-islamischen Taliban haben für den Wahltag neue Anschläge angekündigt. Sie drohten, jeden umzubringen, der wählen geht. Indes war wegen der Verhandlungen zwischen den USA und den Taliban lange unsicher, ob die vierte Präsidentenwahl überhaupt wie geplant stattfinden würde.
Doch vor drei Wochen brach US-Präsident Donald Trump die Gespräche, in denen es auch um einen Abzug der US-Truppen gehen sollte, durch eine Mitteilung per Twitter ab. Ein Ende des fast 18 Jahre dauernden Konflikts am Hindukusch ist damit nicht abzusehen.
Der afghanische Präsident Aschraf Ghani (70) erhält so die Chance auf eine zweite Amtszeit. Ghani ist nach fünf Jahren im Amt zwar unbeliebt, doch dies gilt ebenso für seinen Kontrahenten Abdullah Abdullah (59), ein ehemaliger Augenarzt, der in den 1990er Jahren als Mitglied der Nordallianz gegen die Taliban kämpfte.
Ghani und Abdullah waren schon Rivalen in der chaotischen Wahl 2014 und hatten danach auf Drängen der USA eine Einheitsregierung gebildet. Bis heute ist unklar, wer von den beiden die Wahl damals wirklich gewonnen hat. Auch dieses Mal wird befürchtet, dass Betrugsvorwürfe und Streit über die Gültigkeit von Stimmen das Wahlergebnis infrage stellen wird.
Am Donnerstag wurde bekannt, dass laut der Wahlbeobachtergruppe "Transparent Election Foundation of Afghanistan" (Tefa) eine Reihe von Provinzgouverneuren gebeten wurde, Stimmen für bestimmte Kandidaten zu sammeln, wie der Sender Tolo TV berichtete. Die unabhängige Wahlbeschwerdekommission des Landes erhielt bereits über 100 Beschwerden wegen Manipulationen.
Einer Tefa-Umfrage zufolge kommt Abdullah auf 19 Prozent der Stimmen, während Ghani knapp dahinter bei 18 Prozent liegt. Insgesamt treten 16 Bewerber an. Wenn keiner am Samstag eine absolute Mehrheit erreicht, wird eine Stichwahl fällig.
Mehr als 9,6 Millionen Afghanen sind stimmberechtigt. Die Wahlbeteiligung bei der Präsidentenwahl 2014 lag bei 58 Prozent, doch bei der um drei Jahre verspäteten Parlamentswahl 2018 machten nur noch 39 Prozent der registrierten Wähler von ihrem Stimmrecht Gebrauch. Beinahe 2.000 Wahllokale werden diesmal aus Sicherheitsgründen geschlossen bleiben. Die verbleibenden 4.942 sollen von etwa 72.000 Sicherheitskräften geschützt werden.
Etwa die Hälfte des Landes wird von den Taliban kontrolliert. In der vergangenen Woche töteten die Aufständischen bei einem Anschlag auf eine Wahlkampfveranstaltung von Präsident Ghani mindestens 30 Menschen, Ghani blieb unverletzt. Es war eine der wenigen Kundgebungen, die Ghani persönlich bestritten hatte. Wegen der Gefahr von Attentaten hatte Ghani sonst zumeist über Skype oder Telefon zu einer kleinen Menge gesprochen. Die Vereinten Nationen haben angesichts der Eskalation der Gewalt in den letzten Wochen alle Konfliktparteien aufgerufen, Zivilisten besser zu schützen.