Berlin (epd). Fast jeder fünfte Hartz-IV-Haushalt muss einen Teil seiner Wohnkosten selbst tragen. Bei 19,2 Prozent der Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften übernahmen die Kommunen 2018 nicht die volle Miete, unter anderem weil sie sie als unangemessen hoch einstuften - dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Im Schnitt mussten die Betroffenen demnach jährlich 985 Euro zur Miete dazu zahlen. Das entspricht 82 Euro monatlich und damit fast einem Fünftel des Regelsatzes.
Über die Zahlen hatten zuerst die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag) berichtet. In ganz Deutschland waren nach Angaben der Bundesregierung 546.000 Bedarfsgemeinschaften betroffen. In Rheinland-Pfalz mussten demnach sogar fast drei von zehn Hartz-IV-Empfängern einen Teil der Miete selbst zahlen, in Baden-Württemberg 23,1 Prozent. In Nordrhein-Westfalen lag die Quote mit 18,4 Prozent unter dem Durchschnitt. Bundesweit ist die sogenannte Wohnkostenlücke zuletzt kleiner geworden: 2013 lag der Anteil der Bedarfsgemeinschaften, die nicht die vollen Wohnkosten ersetzt bekamen, noch bei 23,5 Prozent.
Alleinerziehende trugen im vergangenen Jahr mit 21,8 Prozent überdurchschnittlich häufig einen Teil ihrer Wohnkosten selbst. Sie zahlten im Schnitt 1.063 Euro pro Jahr zu. Bei Familien mit mindestens einem Kind waren es sogar 1.137 Euro.
Im Sozialgesetz ist festgehalten, dass die Wohnkosten von Leistungsempfängern in angemessener Höhe übernommen werden. Was angemessen ist, entscheidet die jeweilige Kommune. Wer in einer als unangemessen teuer eingestuften Wohnung wohnt, wird aufgefordert, die Kosten etwa durch Umzug zu senken, oder muss einen Teil der Miete selbst zahlen. Das Bundessozialministerium verwies in seiner Antwort darauf, dass es auch andere Gründe haben kann, dass die Wohnkosten nicht in voller Höhe getragen werden: zum Beispiel, wenn ein Teil der Wohnung zu Geschäftszwecken verwendet wird.
Weil bezahlbarer Wohnraum gerade in vielen Städten knapp sei, bleibe Arbeitslosen bei zu hohen Mieten häufig nur der Weg, die Differenz zu zahlen, sagte Linken-Parteichefin Katja Kipping den Funke-Zeitungen. "Dieses Geld fehlt Menschen, die jeden Cent dreimal umdrehen müssen." Kipping forderte bundesweit verbindliche Kriterien für die Kosten der Unterkunft, "die auch tatsächlich ausreichen, um eine taugliche Wohnung zu bezahlen". Bei der Berechnung von angemessenen Kosten der Unterkunft müsse zudem berücksichtigt werden, ob zu diesen Preisen überhaupt Wohnungen verfügbar seien, sagte die Vorsitzende der Linkspartei.