Tunis (epd). Bei den tunesischen Präsidentschaftswahlen zeichnet sich eine Stichwahl ab. Nach Auszählung von knapp der Hälfte der Stimmen lag der parteilose Jurist Kaïs Saïed am Montagnachmittag mit knapp 19 Prozent in Führung. Gegen wen er jedoch in der zweiten Runde antreten wird, war weiter unklar. Sowohl Medienmogul Nabil Karoui, der derzeit wegen eines laufenden Geldwäsche-Verfahrens in Untersuchungshaft sitzt, als auch Abdelfattah Mourou, Kandidat der muslimisch-konservativen Ennahdha-Partei, rechneten sich Chancen aus. Bei der Abstimmung am Sonntag waren 24 Kandidaten und zwei Kandidatinnen angetreten.
Das vorläufige amtliche Endergebnisse wurde spätestens für Dienstag erwartet. Wann die Stichwahl stattfindet, hängt davon ab, ob alle Kandidaten die Ergebnisse der ersten Runde anerkennen. Sollten Einsprüche gegen den Wahlausgang eingelegt werden, müsste das tunesische Verwaltungsgericht darüber entscheiden, was die Stichwahl verzögern würde. Die Wahlbehörde ISIE teilte mit, der Termin werde an einem Sonntag zwischen dem 29. September und dem 13. Oktober liegen. Am 6. Oktober finden außerdem regulär Parlamentswahlen statt.
Die Präsidentschaftswahl war nach dem Tod von Staatschef Béji Caïd Essebsi im Juli vorgezogen worden. Ursprünglich war sie für November geplant. Auch der derzeitige Ministerpräsident Youssef Chahed kandidierte.
Tunesien gilt als einziges Land, das nach den Umbrüchen des Arabischen Frühlings 2011 eine demokratische Entwicklung genommen hat. Das arabische Land mit elf Millionen Einwohnern leidet unter einer Wirtschaftskrise mit hohen Inflationsraten und einem hohen Haushaltsdefizit.